Lamy 2000 – Frage und Antwort

  • Alfred(Mittwoch, 15 Januar 2020 13:31)

    Man erlaube mir hierzu eine kleine Ergänzung:
    Die Federn des Lamy 2000 KÖNNEN rigide sein. Vielleicht verhält sie dies sogar in der Mehrheit der Fälle dementsprechend (ich hatte selber einen solchen Quasi-Nageligen) : aber der Andere ist unglaublich weich und soft, dass er das er sich schon auf den geringsten Druck hin spreizt.
    Wie auch immer, ist der Härtegrad der Feder ja kein Qualitätsmerkmal an sich, sondern seine Beurteilung richtet sich nach den individuellen Präferenzen, prinzipiell auch jeweiligem Einsatzgebiet.
    Ich freue mich jedenfalls schon tierisch auf meinen erwarteten neuen 2000-er Zuwachs in Makrolon und B.

    Viele Grüsse wünscht

    Alfred!

  • #5

    Alfred(Mittwoch, 15 Januar 2020 14:05)

    Lassen sie mich noch ein paar Fragen anbringen.
    Welches sind, lieber Herr Baier, eigentlich Ihrer Erfahrung nach die Füller mit den besten Tintenleitsystemen (ausser L2000)?
    Und wieso hat Ihrer Meinung nach Lamy jenes hervorragende, seinerzeit ebenfalls in den Schulfüller und sonstigen Modellen der Firma werkelnde, des Lamy 2000 aus diesen verbannt? Man brauchte ein anderes, wohl trendigeres Federkonzept, ja: doch hätte man ja bloss das Vorderteil mit der Zuführerschiene umändern und den Rest so belassen können?
    Die Tintenleiter sind allesamt Centartikel, also scheidet das Kostenargument (weniger Lamellen) wohl schon so ziemlich aus. Im Gegenteil wäre ja zunächst weniger Entwicklungsarbeit angefallen, und zu verbessern mithin kaum etwas gewesen.
    Oder wollte man gar absichtlich einen Abstand in der Modellreihe herstellen?

    -Ich weiss, Sie sind nicht Lamy, aber vielleicht haben Sie eine gute Idee/Anregung zu einem Background-Thema, zu dem sich der Betrieb selbst wie zu so vielen anderen, teils aus sehr gut nachvollziehbaren produktionsrechtl. Gründen, verschlossen gibt..

    Ich danke recht herzlich für Ihre fernere Rückmeldung!


Hallo Alfred, vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Frage, die ich gerne beantworten darf. Manche wissen, dass ich meinen ersten Lamy 2000 im Frühjahr 1994 als Geschenk bekam. Nach vielen "Federversuchen", die mir Lamy großzügig und kostenlos geduldig möglich gemacht hatte, trägt er seit vielen Jahren eine EF. Am Anfang war es eine OB.

 

Insofern kenne ich den 2000er und habe mit dieser Konstruktion einiges erlebt.

 

Welches sind, lieber Herr Baier, eigentlich Ihrer Erfahrung nach die Füller mit den besten Tintenleitsystemen (außer L 2000)?

Antwort: Ich beziehe ich mich mal auf die modernen Konstruktionen. Letztlich ist es immer eine Kombination aus Feder und Tintenleiter und dabei gerade auch die Ausarbeitung des Tintenschlitzes. Genau da sind viele (aber nicht alle!) Goldfedern überlegen, weil man hier ein nach vorne zulaufende Federschlitzung hat. Es gibt aber auch bei den Stahlfedern hier gute und in der Serie gleichmäßige Konstruktionen.

Ebonit-Tintenleiter sind aufwendiger und teurer, ich finde sie sind gerade bei elastischen Federn doch überlegen. Im Vergleich Jowo-Feder Größe 6 mit Kunststoff- oder Ebonit-Tintenleiter (z. B. angeboten von Wancher, Japan), finde ich die Ebonit-Leiter überlegen in einem konsistenteren Fluss, der es z. B. möglich macht, auch problematische Tinten mit sehr guter Farbe zu benutzen (z. B. Herbin Bleu Nuit). Die Auslaufsicherheit solcher Konstruktionen ist sehr sicher. Die Jowo-Aggregate werden auch in sehr guter Federjustage von Diplomat angeboten. Auch die Pelikan-Aggregate sind sehr gleichmäßig und saftig, die Aurora-Ebonit-Tintenleiter sind sehr gut und auch die Japaner sind sehr überzeugend und ganz gleichmäßig (Platinum, Sailor und teils auch Pilot). Der Lamy-Tintenleiter mit Tintomatic (r) von 1952 für den Lamy 27 wird bis heute angeboten und ist wirklich gut. Selbst mit der trockenen Lamy blau erhält man ein sehr gutes Schreibergebnis. Ich finde, die Lamy-TIntenleiter mit den frei stehenden Federn in Gold (!) sind aber letztlich genauso gut., vielleicht ein klein wenig weniger konstant bei längeren Schreibsessions. Insofern hast Du da sicher recht. Auch bei breiten Federn reicht der Fluss problemlos aus.

 

Und wieso hat Ihrer Meinung nach Lamy jenes hervorragende, seinerzeit ebenfalls in den Schulfüller und sonstigen Modellen der Firma werkelnde, des Lamy 2000 aus diesen verbannt?

Antwort: Das ist sicher eine rationale Entscheidung der Endsiebziger bevor der Lamy Safari kam. Die einfach zu montierenden kurzen Federn, die eben keinen langen Hals haben (schau mal die langen Sailor-Goldfedern an, von denen man mit 21 K nur einen Teil sehen kann) und einfach zu produzierende Tintenleiter waren damals sicher eine adäquate Wahl. Das hat man so belassen und sich dann in immer höhere Preisklassen gewagt. Selbst beim Remake des Lamy Persona, dem Imporium, bleib man dabei. Warum man beim Aion das Prinzip geändert hat und eine leichte Federmodifikation bei identischem Tintenleiter verwendet, ist nicht so ganz klar. In den 60ern und 70ern hatte man eine größere Federauswahl und wohl auch noch andere Tintenleiter. 

Der kleine Tintenleiter ist für die teilverdeckte 2000er- (Lamy 27-) Feder vorgesehen. Man kann ja schon froh sein, dass man das beibehalten hat,

Bei Lamy war eine rationelle Vorgehensweise immer wichtig und geht vor Virtuosität wie z. B. bei Visconti.

 

Oder wollte man gar absichtlich einen Abstand in der Modellreihe herstellen?

Solche Dinge bekommt man selbst bei Lamy heutzutage häufig nicht mehr heraus, weil dazu im Unternehmen Dokumente fehlen.

 

Ich weiss, Sie sind nicht Lamy, aber vielleicht haben Sie eine gute Idee/Anregung zu einem Background-Thema ...

Ich habe seit vielen Jahren einen guten Draht zu Lamy, sonst hätte man mir nicht den Lamy dialog 3 zum Test auf meiner Seite angeboten, das gilt natürlich auch für andere Marken und teils auch Federherstellern. Man muss auch sehen, dass selbst der 2000 bis Anfang der 80er bei unter DM 50 lag und an manchen Stellen doch eher pragmatisch als gekonnt gemacht ist. Die Kappensicherung ist ja doch eher eine Bastelarbeit, die chronischen Leckageprobleme abzustellen, hat viele Jahre (Jahrzehnte) gebraucht, bis man endlich das Vorderteil modifizierte. Interessanterweise hat mein (einziger) alter 2000er nie geleckt. 

Auf der anderen Seite ist Lamy sehr stolz auf den 2000 und man geht mit den Kunden bei den im Dauergebrauch noch nicht so seltenen Problemen (Dichtungen; Kappensitz) sehr kulant um. Früher hat man auch beliebig lange Federn kostenlos getauscht bis ebay-Käufer sich recht gerne die alten 2000er von Lamy haben kostenlos aufhübschen lassen. Ich selber habe immer den 2000er als Idee, Ausführung und Konstruktion sehr gemocht, schreibtechnisch halte ich ihn hingegen für nicht so überzeugend. Der Federschliff ist sehr häufig nicht gut oder unpassend. Man muss einfach wissen, dass bei einer sehr kleinen (sehr wenig herausragenden) und zudem feinen oder sehr feinen Feder ein geringer Sweet Spot wie gerade bei den EF sehr ungünstig ist. Die M sind meist sehr sehr breit und die B und BB haben sehr gerne Baby´s-Bottom-Effekte. Die OM, OB und OBB sind nur angeschrägte Kugelfedern (allenfalls leichter Bandzug) und quietschen gerne. Die Federn in den Shaffer PFM oder Legacy haben mir in Aussehen, Schreibqualität und Federführung immer viel besser behagt. 

 

... aber der Andere ist unglaublich weich und soft, dass er das er sich schon auf den geringsten Druck hin spreizt ...

Solche Federn habe ich nie gesehen.

 

Ich hoffe, ich konnte Dir befriedigend Antworten.

 

Viele Grüße

Thomas

 

 


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Kommentare: 6
  • #1

    Alfred (Samstag, 18 Januar 2020 22:26)

    Wow! Die überaus liebevoll detaillierte Antwort macht mich fast sprachlos - da bleibt mir nichts zu sagen als :tausendmal Dank! und: mögen andere auch so reich daraus schöpfen wie ich!

    Auf ein sehr bestimmt nächstes Mal!

    Alfred.

  • #2

    Alfred (Samstag, 18 Januar 2020 23:22)

    P.S. (und nachdem ich meine Sprache wiedergefunden habe):
    Ich selbst war bis noch vor kurzem der festen Überzeugung gewesen, die Goldfedern bei Lamy überflügelten die stählernen in puncto Schreibtechnik durch die Bank.
    Nun habe ich aber eine einfache Feder dieses Herstellers erwischt, die es nicht allein mit vielem aus seiner Luxusklasse (rein diesbezüglich versteht sich immer) aufnehmen kann, sondern ihm durch und durch ebenbürtig ist.
    Auch sogar S.B.R.E Brown kann sich kaum bezügeln in seinem allerersten Safari-Testbericht von einem solchen glücklichen Treffer unter den Stählernen nicht ellenlang zu schwärmen.
    Man sieht, es kommt hier also immer sehr darauf an, und da hier kaum jemand grosse Löcher in seinen Geldbeutel zu reissen in die Verlegenheit geraten muss, verlohnt sich das Ausprobieren!
    Das überschneidet sich also sehr exakt mit dem, was Sie ausführen. Es ist wahr: Stahlfedern können eine traumhaft gute Performance abliefern. Mittlerweile ja. Ich musste mich erst selbst davon belehren ...

  • #3

    Pens and Freaks (Sonntag, 19 Januar 2020 17:35)

    Bitte, gern geschehen, Alfred. Ganz häufig hängt die Gesamtqualität einer Feder auch ganz wesentlich von der Ausformung und letztlich Konstanz in der Fertigung des Tintenschlitzes ab. Wenn da eine Stahlfeder gut gefertigt ist (Zufall oder korrekte Justage), dann kann sie genauso gut sein, wie eine Goldfeder. Häufig haben die Goldfedern (bei den Japanern muss das nicht so sein) durch mehr Elastizität oder einen breiteren Federschlitz mehr oder viel mehr Fluss und Linienbreite. Bei Lamy sind die Goldfedern deutlich saftiger, aber auch breiter (siehe z. B. EF). Leider kommt bei Goldfedern die Handjustage und Einschleifen des Schreibkornes als individuelle Eigenschaft hinzu. Da sind Federkörner auch mal kratzig usw. Früher war das kein Problem, weil die Fertigungsqualität (Qualität der Mitarbeiter und Endkontrolle) meist besser und gleichmäßiger war und man immer im Laden gekauft hat. Da konnte man seine Feder finden. Bei meinem aktuellen Bericht über den Ranga 3 lege ich dar, was es ausmacht, wenn zugekaufte Federaggregate vom Schreibgerätehersteller (oder Federlieferanten?) korrekt justiert werden. Man vergleiche eine JoWo-Feder von Ranga (kann auch sehr gut sein oder auch nicht) mit der von Edison oder Wancher). Bei Bock ist es wiederum eklatant, weil hier recht häufig "out of the box" die Federschlitze der Stahlfedern zu eng und somit die Laufeigenschaften der Federn zu trocken sind.

    VG Thomas

  • #4

    Pens and Freaks (Donnerstag, 23 Januar 2020 21:44)

    Siehe dazu auch weitere aktuelle Beiträge, die ich unter Lamy 2000 finde und auch dort kommentiert habe. An sich könnte der Beitrag auch darunter verschoben werden. Mal sehen.

    https://www.pens-and-freaks.com/f%C3%BCllhalter/lamy-2000/

  • #5

    Alfred (Mittwoch, 29 Januar 2020 11:59)

    Noch etwas Nachträgliches zum Thema Tintenleiter.
    In einem noch aktuell abrufbaren Review wird - indirekt - der Vergleich aufgemacht zwischen Lamys Safari-Leitern und dem des Sailor 1911 (der auf dem Niveau des L2000 liegen dürfte.)
    Während die Safaris in dieser Kategorie geschätzt auf 85-90 Prozentpunkte angegeben werden, schafft der Sailor-Motor 90-95 Prozent. Diese scheinbar noch immer relative Geringfügigkeit entspricht auch meiner eigenen Schreiberfahrung und kann sehr vermutlich aber gerade bei den gering gesättigten Tinten sowie Eisengallustinen sich sehr bemerkbar machen.
    ((und wie gesagt: ich habe die Möglichkeiten mehrere 2000er sowie den Pelikan M200 (ebenfalls Tintenleiter oberer Premiumklasse) mit Safari-, Studio- und Aion Federn zu vergleichen.))

    Greetings

    Alfred

  • #6

    Pens and Freaks (Donnerstag, 30 Januar 2020 22:58)

    Danke, Alfred, für diese Hinweise. Ich selber halte von Scores nicht sehr viel, weil wir uns hier sehr gerne wissenschaftlicher Exaktheit bedienen wollen, aber die Serienschwankungen und Unterschiede nach Federstärke (Tinte, Papier, usw.) nicht beherrschen können. Prinzipiell halte ich einen Sailor 1911 L im Federaggregat den Lamy-Modellen gegenüber für überlegen.