Update Frühjahr 2015

Es folgen einige Füllhalter, die mich in der letzten Zeit besonders beeindruckt haben. Nicht ohne Grund sind darunter amerikanische, japanische und italienische Hersteller. Wo ist der deutsche Entwurf? Neben den üblichen LE beschäftigt man sich dort im wesentlichen mit dem schreibtechnischen "Weiterso", das mir schon sehr langweilig geworden ist. Ein neuer M800 in neuer Farbe? Nun gut, aber wo sind die spannenden Federn? Lamy 2000, immer wieder gut, aber wo sind Italics oder Stubs? Wo sind markante Schrägfedern? Die ausländische Konkurrenz, auch wenn sie längst vorwiegend ihre Federn hierzulande fertigen läßt, hat die Kundenwünsche erkannt. Sehr fein oder Stub? Vieles wird geboten. Aufwachen, deutsche Hersteller! Und wo sind attraktive Entwürfe und nicht nur der übliche Wein in den üblichen Schläuchen? Schaut euch um.

Ein Klassiker steht ganz oben. Der Sheaffer PFM (Pen for Men) aus den 60ern ist immer noch ein ganz Großer. Snorkel-Technik, erstmals die Inlaid Nib und das wunderbare Schreibverhalten der 14-K-Goldfeder. Sheaffers Abgesang auf den klassischen großen Füllhalter für Jahrzehnte!

Neu sind die Delta Dolce Vita nun nicht mehr. Sie werden in einer Vielzahl verschiedener Ausführungen angeboten. Der Medium in Orange/Schwarz, der Oro oder der Soiree in ihrem 30er-Jahre-Stil sind ausgezeichnet gefertigt. Kein Spritzkunststoff, sondern gedrehtes Acrylglas. Das Exemplar hat eine Fusion-Feder aus Edelstahl mit 18-K-Goldblatt. Die schöne Feder hat ein ausgesprochen gutes Fließverhalten und ein attraktives Federangebot. Standard ist die bekannte 14-K-Goldfeder, die weniger Furore macht. Ein gediegenes und zuverlässiges Bock-Produkt Made in Germany. Lifetime Guranantee

Mit dem Fusion 82 begann Delta mit der Fusion-Feder, die mit viel Eigenwilligkeit Ende 2012 präsentiert wurde. Inzwischen ist sie als sehr gute Feder akzeptiert. Hier ist eine Stub eingebaut, die wunderbar weich und leicht mit kräftigem Fluß läuft. Man wünschte sich Stub-Varianten.

Der Edison Collier ist der Beweis: Auch in den USA kann man immer noch und wieder sehr kreative Füllhalter bauen. Man muß die Feder, wie hier von JoWo in Berlin, beziehen, liefert aber problemlos preiswerte und gute Edelstahlfedern oder Goldvarianten in 18 K. Die Federn werden vor dem Versand vom Firmenchef justiert und nachgearbeitet. Das merkt man. Mit Franklin-Christoph gibt es eine Marke mit einer anderen Ausrichtung, aber auch mit dem Wunsch, Feder individualisiert anzubieten. Beide Firmen arbeiten mit sogenannten Nibmeistern zusammen, die Weltruf genießen. Edison fertigt seine Halter standardisiert oder individuell. Die Halter werden aus dem Vollen gedreht. Die Verarbeitung ist exzellent und die Konstruktion auf Dauer angelegt. Lifetime Guarantee

"The Trusty Pen", der 3776 Century von Platinum aus Tokio. Hier die Variante mit teiltransparentem blauen Corpus als Sondermodell (nicht LE) Bleu Chartres. Die "Slip and Seal"-Kappe verhindert das Austrocknen der Tinte über mehr als ein Jahr. Die schönen 14-K-Goldfedern gibt es (vor allem bei den Standardvarianten, aber prinzipiell auch hier) in sehr vielen Ausführungen, auch mit Music-Feder (Stub-artige Feder mit zwei Federschlitzen und doppeltem Tintenkanal zur Verbesserung des Flusses). Ein bißchen schmächtig und kurz, die Japaner mögen durchaus Halter mit aufgesetzter Kappe, dann ist er ausgewogener. 

Ein Klassiker von Sheaffer. Auch wenn er nicht mehr aus den USA kommt, so ist er immer noch eine Stilikone. Der Metall-Halter kommt mit seiner einzigartigen und geschützten Einlegefeder. Auch wenn kein individuelles Füllsystem geboten wird, hat der Sheaffer Legacy Haritage auch in seiner reduzierten Federauswahl immer noch jede Menge Charme und ein erstklassiges Schreibverhalten. 

Einer der Besonderen von Pilot. Der Justus 95 hat eine im Elastizitätsgrad durch ein Goldblatt verschiebbare 14-K-Goldfeder mit F, FM und M. Tintenfluß und Weichheit des Schreibens sind extrem gut, die Verarbeitung auch. Ganz im Stile eines Onoto Magna sind die Oberflächen mit einem Netzmuster, alternativ aber auch mit einem Streifenmuster versehen. Der lange Halter liegt für mich ausgezeichnet in der Hand. Dies hier ist die FM-Ausführung, auch der F schreibt von all meinen modernen Haltern mit am besten.

Der Pilot Custom 823 hat ein bemerkenswertes Füllsystem und kommt transparent daher. Der Vacuumfüller funktioniert sehr zuverlässig und ermöglicht eine enorme Tintenfüllmenge. Die Federn sind ein wenig elastisch und wunderbar. Diese F-Feder schreibt markant und sehr fein. 

Der Pilot Metal Falcon ist die jüngere Variante aus Metall. Er ist größer und länger und liegt viel besser in der Hand als der Falcon aus Kunststoff, der hierzulande nie angeboten wurde. Die teilelastische Feder, hier in Soft Fine, erlaubt in Grenzen (gegenüber früher) ein kalligraphieartiges Schreiben. Die Federn sind aber recht scharf geschliffen, das muß man mögen oder damit zurechtkommen. Der Justus schreibt viel moderater. Aber ein Klassiker, einer der großen 4 von Pilot (es fehlt in dieser Ausführung nur der Capless). 

Der Platinum President ist einer meiner liebsten. In der Größe eines 146 liegt er sehr gut in der Hand und schreibt mit etwas Widerstand wunderbar. Die Bicolor-18-K-Goldfeder hat dieses Maß an Feedback und die Perle Noire von Herbin paßt exakt. Ich habe ihn immer bei mir, auch wenn er materialmäßig nicht so satt daherkommt wie ein 146er oder ein Dolce Vita. Er ist nicht so preisgünstig wie die 3776 Century und er hat auch nicht deren Kappenmechanismus. Aber dennoch ein ganz Großer. So sah es wohl auch Bill Clinton, nach dem der President benannt sein soll.

Der Cross Townsend war der erste Oberklasse-Füller der Marke in den 90ern. Inzwischen wird der Halter in China gefertigt, quelle malheur! Das ist die einfachste Version mit Glanzchrom und Edelstahlfeder. Sein besonderes Verdienst: Der einzige Halter, der mit der an sich wunderbaren Pelikan 4001 Blau-Schwarz optimal schreibt. Ziemlich schmal kommt er daher, aber er hat viel Länge, wie ein Bleistift. Ein sehr zuverlässiger Halter, der Cross-typisch einfach keine Probleme macht. Barack Obama unterschreibt mit den Townsend in Schwarz, aber mit Rollerball!

Klasse oder nicht? Bei den TWSBI scheiden sich die Geister. Der Lack ist ab, dazu hat TWSBI durch unmögliche Qualitätsmängel beigetragen. Der Vac 700 hatte viele Tintenflußprobleme, darunter ging ein Geschäftskontakt in die Brüche. Brüche, d. h. Risse wie die 500er-Modelle zeigt er aber nicht (zumindest weiß ich nichts davon). Die großen und schönen Stahlfedern von JoWo schreiben gut, wenn man höher gesättigte Tinten nimmt. Das Vacuum-Füllsystem überzeugt auf der ganzen Linie und die Halter trocknen nicht aus. Ich mag meine zwei Vac 700 sehr, ein zweiter ist ein Clear Demonstrator. Der Vac ist robust, die Kappe schließt sehr zuverlässig und das Schreibverhalten der EF ist sehr gut. Die entelschnabelförmige Stub 1,1 hatte Anschreibprobleme, ich habe sie damals getauscht. 

Lamy 2000, beide Modelle gleich gut? Den unteren kennt man gut in glasfaserverstärktem Makrolon. Er soll die Ehre der deutschen Hersteller hochhalten. Wer eine gut geschliffene Feder erwischt, kann am sehr guten Tintenfluß und der insgesamt doch guten Zuverlässigkeit dieses unverändert besonderen Schreibgerätes seine Freude haben. Mit der Zeit muß die Kappe bzw. der Inneneinsatz manchmal nachjustiert werden. Der sehr gute und kulante Service tut das schnell und sicher. Im Gebrauch wird die Oberfläche rasch glänzend und holzartig. Man kann das Aufrauhen, muß man aber nicht. Ein lebendiges Stück Technik und Kultur! Die schwere Metallausführung ist nicht für jedermann. Und eine Tintenstandskontrolle hat man auch nicht. Leider fehlen Bandzugfeder-Varianten. Die schräg angeschliffenen OM und OB (Kugelfedern ohne Strichvariation) gibt es nicht mehr. Die Nachfrage ...


Und wer hat mich nicht so beeindruckt?

  • Sheaffer Valor (schreib nicht so gut wie der alte Targa und der Legacy H.)
  • Pelikan M1000 und M805 (was macht ihr nur für Federn?)
  • Pilot Capless: (kann ich nicht gut halten und die Feder hat beim Rückzug weniger Fluß)
  • Marlen Aleph (kann man keinen guten Tintenleiter erwarten?)
  • Conklin Mark Twain (schon mal was von guter Fertigung gehört?)
  • TWSBI Diamond 540/580 (wann kriegt ihr die Risse weg?)
  • Sailor 1911 Standard (zu klein und F-Feder zu pummelig; woher kommen nur immer die enthusiastischen Berichte über das Schreibverhalten?)

Und wer fehlt?

  • Im Besonderen sicherlich einige Visconti oder auch OMAS. Die Dreamtouch-Feder der heutigen hochwertigen Visconti sind beachtenswert, OMAS geht wieder in die Offensive. Beide Firmen sind aber auch für technische Probleme durchaus bekannt geworden. Der besondere Homo Sapiens muß vorsichtig behandelt werden, aufgebrachte Tinte zieht schnell ein! Hoffentlich sind die modernen OMAS zuverlässiger als früher. Auch die Oberflächen wurden rasch kratzig. 
  • Bei Kaweco gefällt mir der Elan, mit der die Firma vorangeht. Immer wieder Neues. Jetzt auch Goldfedern. Das ist für das aufstrebende Unternehmen nicht leicht zu schultern. Die Kaweco Sport gefallen mir vor allem in den Carbon-Varianten, dann ist der Preis aber auch nicht mehr so klein wie bei den einfachen Kunststoffvarianten. Erfreulich die große Zahl an Federstärken für die Stahlfedern. 
  • Die besonderen Nakaya (Platinum-Subunternehmen) sind wie die Platinum Uzumo eine Augenweide.
  • Von Parker und Waterman hört man schon lange nicht mehr viel, Varianten, sonst nix.
  • Montblanc bietet die bekannten Produkte und viele kreative LE-Modelle. Ich würde lieber einen Klassiker wie einen alten 146er oder 130er bevorzugen. Die alten Hartgummitintenleiter und die wunderbaren Federn begründeten den Ruf der Marke.
  • Pelikan dünnt die Federauswahl aus und vergißt die Nachfrage nach den Bandzugfedern fast vollständig. Und wo sind wirklich feine Goldfedern? Wann kommt endlich die 14-K-Goldfeder im M1000 statt der 18K? Glaubt mir bitte ...
  • Der Sailor King of Pens ist sicherlich eine Besonderheit, hat aber auch seinen Preis.

Sicherlich habe ich noch einiges vergessen. Vielleicht kommen noch Ergänzungen. 


Viele Grüße

Thomas und die Pens and Freaks


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Kommentare: 3
  • #1

    pens-and-freaks (Mittwoch, 08 April 2015 22:35)

    Liebe Leser!
    Wenn ihr einen Halter vermißt, z. B. von Graf von Faber-Castell oder so, schreibt mir gerne.

  • #2

    Erasmus (Freitag, 17 April 2015 18:32)

    Ich habe zu Stubs und Italic einen Kommentar: So sehr ich Strichvariation (ohne Druck bzw. felxible Feder) mag, ja sogar bevorzuge, so wenig passen mir die Breiten solcher Federn. Italics von Lamy gibt es m.W.n. ab 1.1mm und die Stub von Visconti, die ich gerne mal probiert hätte ist 1.3mm (oder 1.1mm) breit. Die Musik-Feder von Platinum ist ja auch >1mm. Ich hätte aber gerne etwas unterhalb von 1mm. Deshalb muss ich auf oblique Federn wie z.B. die OM im Lamy 2000 oder Meisterstück zurückgreifen, deren Variation aufgrund der schmalen Grundbreite nicht soooo gross ist, die dafür aber auch nicht so überbordend breit sind. Ich hoffe, Montblanc und Lamy streichen nicht auch ihr Federprogramm so stark zusammen, wie es bei Pelikan der Fall ist. Eine oblique Feder für einen Pelikan ist ja inzwischen bei ebay viel, viel teurer als eine Standardfeder.

    Zu den vorgestellten Füllhaltern: Ich habe mich bisher nicht so weit umgetan, als dass ich irgendetwas bestätigen oder anders sehen würde. Ich bin erst seit etwas mehr als einem Jahr im Füllerfieber (Pelikan, alte und neue Montblancs, und ein paar wenige Japaner und Visconti).
    Einen Platinum President habe ich mir kürzlich gegönnt. In BB... dieses BB entspricht übrigens vollkommen einem europäischen BB. So einen fetten Strich habe ich noch nie gesehen... Ein wenig Nachbearbeitung (Nagelpolitur) war allerdings von Nöten.
    Der Century in F für meine Freundin (die bringe ich noch nach und nach auf den Pfad der Tugend), schrieb hingegen gleich auf Anhieb super an, wenn auch mit fühlbarem Feedback - ist halt japanisch fein.
    Viscontifüller (Wall Street in B und Lava in F) hinterlassen in mir einen zwiespältigen Eindruck: Die Federn - und das ist ja dann doch das wichtigste - sind extrem soft und schön zu schreiben. Auch sind sie recht flexibel und nicht solche Nägel, wie die des M800/400. Sie sehen auch noch toll aus. Leider ist das Zelluloid des Wall Street nicht so 100% verarbeitet. Es hat Dellen, die man erst bei entsprechendem Lichteinfall sieht. Etwas, das ich bei MB oder Pelikan - bei ähnlichen Preisen - noch nicht gesehen habe. Der Lava ist hingegen ein Bringer! Recht schwer, so wie es mir gefällt! Ich habe diesen schweren Füller extra in fein gewählt, weil ich eigentlich nicht so gerne mit feiner Feder schreibe, dies aber erheblich angenehmer finde, wenn der Füller schwer ist. Und bei manchen Gelegenheitenist ein feiner Strich ganz nützlich. Die feine Dreamtouch des Lava ist allerdings nicht annähernd so soft wie die B-Feder des Wall Street. Das ist aber sicherlich auch kein Wunder bei einer feinen Feder. Es macht wirklich Spass mit den Füllern zu schreiben.

    Was Innovationen anbelangt, kann ich (noch) nicht so mitreden. Klar ist es auf die Dauer langweilig, einen M800 nach Schildpatt nun in Grau zu sehen (gleichwohl beide toll aussehen). Aber das gleiche gilt doch für Viscontis Homo Sapiens LE auch (die sind obendrein auch noch sündhaft teuer, da laufen selbst Montblancs rot an). Paltinum Centuries bekomme ich auch in tausend Farben. Auch Montblanc mit seiner Platinum- und 90 Jahre Meisterstückausführung in Rosengold macht da keine Ausnahme. Bei den Safaris und Al-Stars das gleiche. Ich kam z.B. nicht umhin den Al Star den Orange Copper zu kaufen. Sieht wirklich toll aus. Die Lamys gibt es ja noch mit vielen unterschiedlichen Federn (inkl. Linkshänderfeder) - nicht übel.

    Deine rEinschätzung der tollen Federn der Montblancs kann ich mich nur anschliessen. Mittlerweile habe ich einige Vintage-Füller und solche aus den 80-90er Jahren. Die Federn haben genau die richtige Mischung aus Flexibilität und Softheit, mit der mir das Schreiben Spass macht. Selbst die etwas starreren modernen Meisterstückfedern (hier in OM) machen mir extrem viel Laune. Hier bin ich froh, dass MB die Meisterstücke lässt, wie sie sind. Ich wollte keine andere Form haben (zu Tintenleitern kann ich mangels Erfahrung keine Aussage treffen). Bohemes oder die ganzen anderen Editionen (insbesondere die, wo der Stern in dem transparenten Plastik "schwimmt" - fürchterlich), sind nichts für mich. Sie grenzen hinsichtlich des Designs schon fast an Beliebigkeit - mehr kann ich aber mangels Erfahrung auch nicht daran kritisieren.

    So, das soll es mal gewesen sein...
    Schönen Gruss
    Erasmus

  • #3

    pens and feeaks (Samstag, 18 April 2015 22:28)

    Danke, Erasmus, für Deine Einschätzungen. Da hast Du Dir besondere Schätze zugelegt.

    Vielleicht muß ich auch mal wieder ein Mwisterstück in O probieren. Wahrscheinlich sind die Tintenleiter auch besser geworden.

    Heute schreibe ich meist mit japanischen und italienischen Füllhaltern. Und Edison und meinem PFM aus den USA bzw. Australien.

    VG Thomas