Tintenfrage 3/14: dokumentenechte Tinte

"Können Sie mir was zu dokumentenechter Tinte sagen? Ich bin leider beruflich gezwungen, mit dokumentenechten Stiften zu schreiben. Das gestaltet sich bei Tinte für mich als "Füllfederhalter-Neuling" aber erstmal schwierig. Ich habe mir entsprechende Tinte von D'Attramentis besorgt. Bin aber mit dem Tintenfluss nicht zufrieden. Gibt es Alternativen?

 

Mit freundlichen Grüßen Anke"

 

"Hallo Thomas,
vielen Dank für das Kennwort.
 
Vielleicht ist es aber hilfreich, wenn ich bzgl. meiner "Tintenfrage" etwas weiter aushole: Ich bin beruflich gezwungen, dokumentenechte Tinte zu benutzen. Daher habe ich mir die de Attramentis Dokumententinte in türkis besorgt und diese in meinen Pelikan Kolbenfüllhalter (welches Modell weiß ich leider nicht. Ich vermute mal sowas wie den Classic M150 oder M200; das Modell ist eine Webeedition??? und bestimmt schon 10 Jahre alt) gefüllt. Da läßt der Tintenfluss zu wünschen übrig. Dann habe ich es mit einem ganz billigen No-Name Patronenfüller versucht. Konverter rein und die gleichen Probleme. Ich möchte nun weder alle meine Füller durchprobieren, obwohl ich keine Kostbarkeiten habe, noch auf gut Glück einen neuen Füller kaufen. Dokumentenechte Tinte hat ja die besondere Eigenschaft, schwer entfernbar zu sein :-(
 
Hast Du eine Idee? Oder gibt es andere Tinte (Patrone oder Flasche, egal), mit der man nicht jedes Wort langsam malen muss und hoffen muss, dass der Füller auch schreibt? Igendeine Art von blau wäre ideal.
 
Ganz vielen Dank und liebe Grüße

 

Anke"

Antwort

Hallo Anke, 

 

vielen Dank für die Nachrichten und die Frage.

 

Bis zum Vorjahr hätte ich die Frage einfach beantworten können. Nimm die Montblanc Midnight Blue aus dem Faß. Die ist eisengallushaltig, als dokumentenecht deklariert und läuft sehr gut in vielen Haltern. Es gibt sie aber nicht mehr seit Sommer 2013. Sie wurde durch die nicht-dokumentenechte gleichen Namens aus der Patrone ersetzt. Ich habe gottlob noch alte Fässer ergattern können und derzeit ein Glas im Einsatz. Ich verwende dokumentenechte Tinte NUR in einem Halter, einem Lamy Studio EF (Stahlfeder, Metallgriffstück).

 

Folgende Vorgaben sind bei dokumentenechten Tinten (DT) obligat:

  • Sichere Kappenabdichtung
  • Regelmäßiges Schreiben (Vorsicht Urlaub!)
  • Regelmäßiges Reinigen mit Wasser (muß nicht engmaschig sein, wenn die ersten beiden Kriterien erfüllt sind)
  • Ausprobieren ...

 

Das Vierte ist schon ein ganz wichtiger Punkt. Diese Tinten laufen nicht in allen Füllern gleicht gut, nicht einmal unterschiedliche Federstärken oder Marken sind egal. Und: Diese Tinten sind IMMER (bis auf die alte MB MB) eine kapriziöse und manchmal auch nicht unproblematische Sache.

 

Man kann sich der Sache von zwei Seiten nähern: 1. Verfügbarkeit; 2. Technologie

 

Wenn man probieren will und vor Ort möglichst kaufen möchte, dann kommen in Frage:

Und das war´s dann schon im wesentlichen. Die Pelikan ist eine eisengallushaltige Tinte, die nicht als solche und auch nicht als dokumentenecht tituliert ist. Die MB ist eine Tinte neuer Technologie, möglicherweise mit Nano-Technologie. Das habe ich aber noch nicht herausgefunden. Die MB soll eher trocken schreiben, ist sehr teuer. Sie gibt es auch in Schwarz. 

 

Die Pelikan ist eine altgekannte Tinte im 30-ml-Faß. Sie ist preisgünstig und hat einen ebenfalls eher trockenen Fluß, so wie es bei den Eisengallustinten üblich ist (nicht bei der alten MB MB). Sie reagiert äußerst empfindlich auf verschiedene Halter. Bei einem passenden Modell mit kräftigem Fluß schreibt sie wunderbar "antik" blauschwarz mit sehr scharfem Rand, wenn es nicht hinhaut (und das ist meistens so), dann wirkt sie fade grau und ohne Substanz. Man kann es aber auch einfach mal ausprobieren. 

 

Und da kommt schon der zweite wichtige Punkt: 

  • Eisengallustinte oder
  • Moderne Pigmenttinte

 

Im Laufe der Jahre werden es immer weniger. Die Eisengallustinten verschwinden bei Lamy und Montblanc. Im Angebot gibt es sie bei 

 

Auf der anderen Seite gibt es die modernen Pigmenttinten:

 

 

Genug Informationen?

 

Schwierig bleibt es allemal. Da geht es auch um Verfügbarkeit und Preis. Die Noodler´s sind nicht unproblematisch und nur in eingeschränkter Form in Europa verfügbar. Die Pigmenttinten von Sailor und Platinum bekommt man nur im Ausland (NL, GB), die Sailor teils auch von 

  • Schreibstoff, Thomas Maier: Neuffen, Deutschland: mail@schreibstoff-shop.de (führt das Tintenangebot von missing-pen weiter).

 

Die Platinum kenne ich nicht (habe Patronen, aber nicht verwendet), die Sailor soll breit laufen. Die de Atramentis kennst Du schon, die Montblanc sollen eher trocken sein und es soll teils auch zu Aussetzern kommen. 

 

 

Was nun?

Option 1: Die Eisengallustinten von Pelikan (dunkelblau, teils graublau) und Rohrer und Klingner (mittelblau) schreiben zwar recht trocken, gelten ansonsten als völlig unproblematisch. Sie sind preisgünstig und gut zu erhalten. Die R+K gibt es auch für unter 4 EUR bei Bösner. Man bekommt sie ansonsten über den Internethandel in Inland und Ausland. 

Option 2: Ansonsten würde ich am ehesten die Platinum Piment Ink in Blau probieren. http://www.lacouronneducomte.nl/webstore/main/platinum-pigmented-bottle-colours-p-5175.html

Mit den de Atramentis habe ich mich nicht anfreunden können. Der breite Lauf und das filzstiftartige Schriftbild (Dokumenttinte Schwarz) haben mir nicht gefallen.

 

Letztlich wirst Du, Anke, nicht umhin kommen, Tinten zu probieren. Wichtig ist aber, keinen wertvollen Füller zu nehmen. Zur Not könnte ein Lamy eine Option sein, bei dem man Federn preisgünstig tauschen kann und man bei den Konvertern (zukaufen) nicht viel kaputt machen kann. Bei den Kolbenfüllern von Pelikan habe ich schon schwerer laufende Kolben gehabt (M200er, alte 400NN), gerade auch bei der Pelikan 4001 Blau-Schwarz. Diese Dinge sollte man beachten. Ich würde auch keine goldplattierten Stahlfedern bei den Eisengallustinten nehmen.

 

Letztlich sollte man dokumentenechte Tinten (es sind nur einige auch so deklariert, R+K möchte den Aufwand für die Zertifizierung nicht auf sich nehmen, obwohl eindeutig dokumentenecht) nur wohlüberlegt einsetzen. 

 

Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. 

 

Viele Grüße

Thomas

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Kommentare: 6
  • #1

    Anke (Sonntag, 23 März 2014 21:15)

    Hallo Thomas,

    ganz herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort. Ich werde dann mal Deine Tipps beherzigen und mir als erstes einen Lamy Studio zulegen. Ich habe sowieso schon mit dem Kauf dieses Füllers geliebäugelt. Nun habe ich endlich eine gute Rechtfertigung für den Kauf :-) Und dann werde ich es erst mit meiner De Attramentis probieren und mir parallel einige der von Dir empfohlenen Tinten zulegen.
    Ich hatte, auf Empfehlung eines örtlichen Schreibwarenhändlers, gestern Nachmittag (Samstag) mit De Attramentis perKontakt per Email aufgenommen und auch dort mein Problem geschildert. Heute (Sonntag!!!) war schon die Antwort da. Die Vermutung ist, dass es an verstopften Tintenleitern meines FH liegen könnte, die aber nur per Ultraschall zu reinigen seien. Sie haben mir eine kostenlose Reinigung angeboten (zu zahlen sind lediglich die Rücksendekosten). Das finde ich auch eine sehr nette Geste.
    Viele Grüße
    Anke

  • #2

    pens and freaks (Sonntag, 23 März 2014 21:34)

    Vielen Dank, Anke, für Deine Antwort. Herr Jansen ist ein sehr freundlicher Mann. Das ist ein gutes Angebot. Diese Doku-Tinten von de Atramentis schreiben speziell und laufen eher breit, ich bevorzuge scharfrandige Tinten. Aber ist immer ein Kompromiss. Bin gespannt, wie es weitergeht.

    Viele Grüße
    Thomas

  • #3

    Anke (Samstag, 26 April 2014 23:03)

    Hallo Thomas,
    möchte mich heute mal zum neuesten Stand in Sachen dokumentenechte blaue Tinte melden. Rein zufällig bin ich bei Youtube über ein "Füllervideo" gestolpert, das so nebenbei das Thema "schlechter Tintenfluss und Aussetzer" behandelt hat. Dort wurde der Blick von Unten auf Feder und Tintenleiter bzw. die Position der beiden zueinander empfohlen. Meine Feder saß nicht optimal auf dem Tintenleiter. Nachdem ich also die Position der Feder verändert habe, sprudelt die De Atramentis türkis dokumentenecht nur so raus aus der Feder!!! Jetzt ist es mir zu nass ;-)
    Den von Dir empfohlenen Lamy Studio habe ich inzwischen mit Pelikan 4001 blau-schwarz bestückt und komme trotz des nicht ganz so üppigen Tintenflusses ganz gut damit klar. Ich scheue mich aber noch davor, die De Atramentis türkis dort einzusetzen, da sie an meinem (weißen :-() Pelikan doch deutliche Spuren hinterlassen hat. Aber ich bin nun mutig geworden und werde weiter probieren.
    Viele Grüße
    Anke

  • #4

    pens-and-freaks.com (Montag, 28 April 2014 20:01)

    Hallo Anke. Vielen Dank für Deine Nachricht und Deine zwischenzeitlichen Erfahrungen. Es freut mich, daß Du mit der nicht so einfachen Pelikan Blau-Schwarz eine akzeptable Tinte gefunden hast. Schade, daß die deA da einmfärbt. Von anderen Tinten dieses Herstellers habe ich gute Erfahrungen diesbzgl. gemacht.

    Viele Grüße
    Thomas

  • #5

    Anke (Dienstag, 07 Oktober 2014 21:10)

    Hallo Thomas,

    mein Füllerbestand ist im Laufe des Jahres doch stark angewachsen. (Ja, meine Füllerleidenschaft ist wieder richtig ausgebrochen und ich freue mich, dass ich hier und in anderen Foren auf viele Gleichgesinnte gestoßen bin. Bis Anfang diesen Jahres habe ich noch gedacht, dass ich damit ziemlich alleine dastehe. Und nachdem ich inzwischen gute Erfahrungen mit dokumentenechter Tinte gemacht und dies auch so weitergegeben habe, trauen sich nun immer mehr Arbeitskollegen ihre alten Füller wieder zu aktivieren. Ist wohl doch ein sehr ansteckender Virus.)
    Inzwischen habe ich mehr Füller als ich tatsächlich gebrauchen kann. Teure Exemplare, aber auch ganz Billige. Und da ich von der Schreibleistung der Billigexemplare nicht so begeistert war, habe ich angefangen rumzuexperimentieren. So habe ich die kratzige F-Feder eines Billigproduktes mit diversen Nagelfeilen und Nagelpolierfeilen bearbeitet. (Ich gebe zu, dass ich nicht ganz stilecht, aber typisch Frau. ***schäm***) Und plötzlich lief die Feder sanft gleitend mit gutem Tintenfluss über das Papier. Mit diesem Füller habe ich es dann noch einmal mit der dokumentenechten de Atramentis-Tinte in blau versucht. Und was soll ich sagen: da haben sich Tinte und Füller gefunden!!! Er kommt nun täglich zum Einsatz, wenn ich "dokumentenecht" schreiben muss. Inzwischen ist die türkisfarbene deA-Tinte auch in einem anderen Füller im Einsatz. Bei diesem Exemplar werde ich irgendwann wohl noch mal zur Feile greifen, aber ansonsten harmonieren auch diese Beiden.
    Dir noch einmal vielen Dank, dass Du mir so viele gute Tipps gegeben hast und mir Mut gemacht hast, weiter "dran" zu bleiben.

    Viele Grüße
    Anke

    P. S.: Eigentlich schade, dass man in der heutigen Zeit so wenig mit der Hand schreiben muss. ;-)

  • #6

    pens-and-freaks (Dienstag, 07 Oktober 2014 21:25)

    Vielen Dank, Anke, für die Rückmeldung. Interessanterweise ist es bei mir so, daß ich viel mit der Hand schreibe, aber auch viel tippe. Unterschriften und Namenszeichen, den ganzen Tag! Da habe ich genug Gelegenheit, meine Schreiber bei Laune zu halten.

    Dokumentenechte Tinte: Hier muß man in der Tat die richtigen Partner finden. Und auch die richtige Tintenart. Ich werde nach Erhalt zwei sehr interessante dokumentenechte Tinten von Platinum gegeneinanderstellen, sozusagen "Old Style" und "High Tech", wenn man so will: die Platinum Blue-Black (eisengallushaltig) und die Platinum Pigment Blue Ink.

    Das könnte eine interessante Geschichte werden.

    Das Zurechtfeilen von Federn ist meine Sache nicht. Ich habe im Laufe der Zeit versucht, mich mehr und mehr von "problematischen" Herstellern zu verabschieden und auf die für mich richtigen Pferde zu setzen. Das funktioniert ganz gut.

    In der Zwischenzeit habe ich mich von Stahlfedern mit wenigen Ausnahmen im Alltagsgeschäft fast vollständig zurückgezogen. Da sind noch meine beiden TWSBI Vacs 700 und mein Lamy Studio mit der Eisengallustinte MB MB und für Unterschriften momentan ein Lindauer OM, der wunderbar zart schreibt.

    Vielen Dank nochmals, auch für die "Blumen" und viele Grüße
    Thomas