Die Tintenbetrachtung: Conway Stewart Tavy (Dunkelblau)

Einleitung

Nachdem ich auf Youtube eine Tintenvorstellung der Tavy gesehen hatte, wurde ich neugierig. Die Tinte kam dort relativ schlecht weg, kräftiges Durchbluten und heftiges Ausfranzen: eine Firma dieser Reputation, die die neue Tintenserie von Diamine hat entwickeln lassen, hatte so daneben gelegen? 

 

Daß Diamine-Tinten mit ihrer hohen Sättigung schon einmal über das Ziel hinausschießen, ja, das kennt man. Manchmal wünscht man sich weniger Farbe. Ja, die Tinten laufen gerne recht breit und die Tintenspur wird breiter. Kennen wir. Ich war, wie gesagt, neugierig, und habe diese Tinte mitbestellt. Sie stammt von La Couronne du Comte in den Niederlanden und kostet dort (genau wie die 80-ml-Diamine-Fässer) 7,85 Euro. Das ist ein sehr fairer Preis. Bei The Writing Desk kosten die Diamines 5,65 GBP und die Conway Stewarts 6,49 GBP (Stand Dezember 2013). Das deshalb, weil ich immer wieder nach Bezugsquellen gefragt werde.

 

Warum nun eine solch diskrepante Beurteilung herauskommen wird, kann ich nicht sagen. Ich möchte auch niemanden kritisieren. Ich kann nur sagen, daß ich sehr gewissenhaft Tinten beurteile und nicht nur auf Farbe o. ä. "hereinfalle". Die Beurteilung einer Tinte umfaßt neben den Einzelpunkten sehr viel Beschäftigung mit Tinten generell. Ohne anmaßend sein zu wollen, kann ich meist innerhalb weniger Federstriche mit ausgewählten Füllhaltern sozusagen "das Wesen" einer Tinte erkennen. Mit der Zeit habe ich festgestellt, wo bei meinen Haltern und somit auch bei den Tinten die Knackpunkte liegen. 

 

So habe ich für den Test einen meiner TWSBI Diamond 580 Clear Demonstrator gewählt. Dieses Modell kenne ich inzwischen doch recht gut. Die JoWo-Feder und der wahrscheinlich TWSBI-eigene Tintenleiter sind ein Gespann, das für manche Tinten wie geschaffen zu sein scheint. Andere Tinten funktionieren gar nicht. Bei den Pelikan-Modellen ist das z. B. ganz anders. Die Tintenleiter-Feder-Kombi hat eine sehr hohe Gutmütigkeit, da muß man eher mit Über- statt mit Untersättigungen rechnen. 

 

Dieser EF-TWSBI zeigt mit geeigneten Tinten wunderbares Shading. Damit konnte man erkennen, ob die Tavy wirklich nur eine plumpe Tintenspur zusammenbringt oder doch ein spannendes Shading herauskommt. 

 

Shading ist sehr wichtig, wenn eine gewisse Spannung in die Schrift kommen soll. Das ist nicht nur bei den breiten Federn so, auch die feinen und sehr feinen profitieren davon. 

 

Umgekehrt brauchen feine Federn, gerade auch die 580er, einen gewissen Fluß, damit die Tinte auch leuchten kann.

 

Schließlich sehe ich sofort, ob diese Feder eine sehr feine bleibt oder nach F "degeneriert", wenn ich das mal so sagen darf. Man kauft ja solche Modelle und Federn, um eine nuancierte Schrift zu erzeugen, die nicht absäuft, gerade auch auf saugfähigem Papier. Und da haben wir die Kritikpunkte Durchbluten und Ausfiedern wieder, die der Tavy angelastet worden war.

Scan Schriftbeispiele und Ausstrich

Nach wie vor bevorzuge ich primär die Scans mit diesem einfachen Scanner in einem Kombigerät (Epson Stylus DX4250). Damit kann ich im wesentlichen intern vergleichbare Bilder anbieten. Es steht außer Frage, daß ein sehr guter Scanner oder eine gute Fotografie mehr bringen können. Jahreszeitlich abhängig, ist das mit dem fotografieren so eine Sache, wenn man keine hochwertige Kamera mit entsprechendem Objektiv und Beleuchtung einsetzen will oder kann. Fotos werden aber sicher kommen.

 

Ansonsten habe ich wenig über die Tavy gelesen. Da dunkelblaue Tinten eine hohe Popularität haben und es so viele richtig Blaue ohne Grün- oder Graufärbungen gibt, ist die Tavy – durchaus auch preislich – eine mögliche Option.

800 dpi
800 dpi

 

Sofort fällt auf, daß die Tinte ein schönes Shading zeigt. Sie wirkt überhaupt nicht übersättigt. Klar ist, daß der Halter schon geschrieben wird und nicht gerade gefüllt wurde. Ich sehe da in Youtube-Beiträgen, daß für Schriftproben gerade erst gefüllt wird oder mit fast leeren und bereits aussetzenden Füllern geschrieben wird. Die mir vorliegende Tavy zeigt eine gute, aber nicht übermäßige Sättigung und die Schrift bleibt scharf und wird nicht zu breit.

Auf billigem Papier und Wassertest
Auf billigem Papier und Wassertest

 

Auf dem billigen ruppigen Papier ist es genauso. Die Tinte bleibt randscharf. Es ist eine wasserlösliche Tinte, wie zu erwarten. Das ist auch für die meisten Zwecke die besere Wahl. Resistentere Tinten sollte man sich immer genau überlegen: So setze ich sie ein und brauche ich sie überhaupt, z. B. im Büro?

 

Jetzt der ultimative Moleskin-Test. Bekannt ist ja, daß Tinte auf diesem Papier teils grauenvoll fiedert und zudem erheblich durchdrückt. 

Das ist für Moleskin schon sehr gut. Das Durchdrücken ist auch recht gering.
Das ist für Moleskin schon sehr gut. Das Durchdrücken ist auch recht gering.

 

Man sieht also ein untadeliges Verhalten der Tinte. Es ist aus Erfahrung nicht zu erwarten, daß sich das mit zunehmender Benutzung und somit gewisser Wasserverdunstung ändert. Übrigens die Tinte drückt auch nicht am Tintenschlitz durch ("Nib Creep") und klebt auch nicht auf der Feder.

 

Es folgt der Ausstrich. Schon beim Ausstreichen erkennt man viel. Z. Bsp. auch das Fließverhalten. Die Tinte wird rechts deutlich heller. Das paßt zu der gemäßigteren (aber immer noch guten) Sättigung der Tavy. 

Vergleiche

Ist das eine unettikettierte Diamine-Tinte? Schon vom Sättigungsgrad und Laufverhalten her nicht. Ich habe auch im weitreichenden Diamine-Tintenprogramm keine gänzlich identische Farbschattierung gefunden. Die Midnight ist schon kräftiger gesättigt und läuft auch breiter. Diese sympathische Tinte ist daher bei mir momentan etwas ins Hintertreffen geraten. Beachte dazu den fast gleichmäßigen Ausstrich von links nach rechts.

"Diamine Midnight" wurde auch mit der Tavy geschrieben, nicht mit der Midnight
"Diamine Midnight" wurde auch mit der Tavy geschrieben, nicht mit der Midnight

Zusammenfassende Beurteilung

Ich hoffe, ich konnte Euch diese interessante dunkelblaue wasserlösliche Tinte von Conway-Stewart, die Tavy, nahe bringen. Eine für mich sehr interessante Tinte, deren Vorteile auf der Hand liegen: für eine Diamine-Tinte keine Übersättigung und feiner Strich. Der Preis ist sehr anständig. Man hat offenbar eine glückliche Hand bewiesen und Extreme vermieden. So hat diese Tinte eine gewisse Alleinstellung, überzeugt sie doch selbst beim empfindlichen 580er-TWSBI durch einen tadellosen und sanften Tintenfluß. 

 

Nach meiner Betrachtung ist das keine umgelabelte Diamine-Tinte, sondern letztlich eine Conway Stwwart (andere Firmen produzieren auch ihre Tinten nicht selber, so z. B. Montblanc). 

 

Im übersichtlichen Programm gibt es Conway Stewart-Tinten auch in folgenden Farben:

  • Bodwin Black
  • Tamar Blue
  • Kingsand Brown
  • Edgcumbe Violet und
  • St. Blazey Red

 

Ich  hoffe, diese Tintenbetrachtung hat Euch gefallen. Bei Anmerkungen oder Fragen, schreibt mir gerne.

Nachtrag

Mit dem Legacy entsteht eine sehr gute Farbsättigung, ohne daß die Tinte breit liefe. Die Schattierung nimmt aber ab. 

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Kommentare: 1
  • #1

    pens and freaks (Donnerstag, 04 Juni 2015 17:57)

    Die Tinte ist nach der zwischenzeitlichen.Aufgabe von Conway Stewart nicht mehr im aktuellen Angebot des Handels. Sehr schade. Die Tinte ist sehr ausgewogen. Die aktuelle Sondertinte 1864 blue black ist dunkler, sehr viel gesättigter und läuft breit.