Wozu braucht man denn Eisengallus-Tinten?

 

Mit dieser Art von Tinten, die Eisengallus-Zusätze enthalten, sind viele heute nicht mehr vertraut. Da geistern Gräuelmärchen herum, die Halter oder auch das Papier würden aufgefressen.

 

Da muß man zunächst sagen, daß die klassischen Eisengallus-Tinten nicht Füllhalter-tauglich sind, sie wurden für das Schreiben mit Gänse- oder Stahlfeder entwickelt.

 

Modern(er)e Eisengallustinten für Füllfederhalter haben eigentlich nur einen Feind: die Eintrocknung.

 

Was sind die Eigenschaften, die es einem nahelegen, mit solchen Tinten zu arbeiten? Nun, für den Füllhalter-Freund sind verschiedenartige Tinten eh schon eine interessante Sache, für den einen sehr, für den anderen weniger. Aber viele, die einmal eine Schriftprobe mit diesen besonderen Tinten gesehen haben, verstehen, was Randschärfe, Tintentiefe anbelangt, von der Wasserfestigkeit und Resistenz gegenüber Licht abgesehen. Schwarze Tinten überdauern schon mehr als die klassischen Königsblauen.

 

Welche Tinten gibt es? Vielleicht habe ich die eine oder andere vergessen, aber das sind die sicherlich allerwichtigsten:

  • Montblanc Mignight Blue (dunkelblau bis schieferfarben)*
  • Lamy blau-schwarz (graublau)**
  • Unter Vorbehalt: Pelikan 4001 blau-schwarz***
  • Rohrer und Klingner "Salix" (mittelblau-grau bis tiefdunkelblau)
  • Rohrer und Klingner "Scabiosa" (auberginefarben)
  • Diamine Registrar's Ink (schwarz)
  • Akkerman Ijzer-Galnoten (grauschwarz)

* Nur die Faßtinte

** Nur die Faßtinte; wird aber kurzfristig gegen die nichteisengallushaltige Variante der Patrone ersetzt. Damit wird eine Eisengallus-Tinte verschwinden, die mit der früherer Montblanc blau-schwarz identisch gewesen sein soll.

*** Nach den Angaben auf der Webseite verwendet Pelikan nur noch moderne Tinten und keine eisengallushaltigen mehr. Wie aber recherchiert worden sein soll, sol die Tinte geringe Eisengallus-Anteile enthalten (siehe Quelle in Fountain Pen Network). Ich bitte um Verständnis, daß ich die Richtigkeit der Angeben nicht bestätigen kann. Vom Schreibverhalten her, könnte es zu einer Eisengallus-Tinte passen.

 

Folgende Füllhalter-Freunde dürften von diesen Tinten angesprochen werden:

  • wenn man eine randscharf schreibende Tinte mag,
  • wenn man die Dokumentenechtheit haben möchte (ist aber nur bei Montblanc angegeben),
  • wenn man auch bei "schlechtem Papier" kein Durchbluten oder Ausbluten haben kann,
  • wenn man bei einem alten Halter mit erheblichem Tintenfluß eine mäßigende Tinte sucht (die Tinten fließen eher zäher; Ausnahme: Montblanc und wohl auch Akkerman),
  • wer mit solchen Tinten experimentieren möchte, um den richtigen Halter zu finden

 

Oft sind diese Tinten auch noch recht oder sehr preisgünstig, gerade auch gegenüber teuren Spezialtinten moderner Machart, die aber diese Randschärfe nicht haben und eher auslaufen und somit eine feine Feder unnötig breiter machen.

 

Abschließend zu den Gräuelmärchen: Ich würde solche Tinten nicht in Haltern verwenden, die gerne austrocknen und z. B. bei einem Urlaub den nicht-mitgenommenen Füller vorher reinigen. Zudem würde ich spätestens nach einem Monat mit kaltem Wasser gut durchspülen, das was man auch mit anderen Tinten durchaus machen sollte.

 

Ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen. Kommentare wilkommen.

 

Thomas

 

P. S.: Nachgereicht werden einige Schriftbeispiele.

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Kommentare: 16
  • #1

    Heiko (Freitag, 04 Oktober 2013 07:20)

    Moin Thomas, dass die MB MB verschwinden soll, finde ich traurig. Durch dich bin ich zu dieser Tinte gekommen und war und bin sehr zufrieden damit. Leider habe ich es nicht geschafft, an ein Ersatzfass zu kommen. Die Nachricht hat sich wohl wie das berühmte Lauffeuer verbreitet und die Liebhaber dieser Tinte haben alles aufgekauft, was noch im Bestand war. :-(
    Es ist eine tolle Tinte und wenn ich noch ein Fass bekommen kann, schlage ich zu und wenn ich halt Pech habe, versuche ich mich an der Pelikan blau-schwarz.
    Liebe Grüße
    Heiko

  • #2

    Wolfgang (Freitag, 20 Februar 2015 19:56)

    Zur Pelikan 4001: Ein Nutzer des Forums penexchange.de hat von Pelikan die Bestätigung eingeholt, dass die Schwarz-Blaue Eisen und Gallussäure enthält.
    http://www.penexchange.de/forum_neu/viewtopic.php?f=48&t=5031&p=101772#p101772

  • #3

    Pens-and-Freaks (Freitag, 20 Februar 2015 21:36)

    Vielen Dank, Wolfgang, für diese Information. Trotz meiner damals sehr vorsichtigen Formulierung war die Sache schon vom Riechen her klar. Ich hätte Frau P. auch selber fragen können, habe aber vor kurzem gar nicht daran mehr gedacht.

    Viele Grüße
    Thomas

  • #4

    Michael (Donnerstag, 05 Juli 2018 14:47)

    Toller Bericht. Vielen Dank.

    Inzwischen schreibt auch Pelikan, dass die "4001 blau-schwarz" eine Eisengallustinte ist:

    "Die unkomplizierteste Tinte, die dennoch relativ lichtecht ist, ist die Tinte '4001 blau-schwarz', unsere Artikelnr. 301 028. Sie ist eine Eisengallustinte, was sie weitaus stabiler macht als z.B. 4001 königsblau oder brillant schwarz, aber durch spezielle Rohstoffe kann sie gleichzeitig unproblematisch in Kolben- oder Patronenfüllhaltern verwendet werden. Im zeitlichen Verlauf ändert sich der Farbton von Blau nach Grau, aber sie bleibt sichtbar. Sie ist jedoch nicht ganz so lichtecht wie die Fount India Tinte. Tintenfraß (d.h. das Zersetzen des Papieres durch die Tinte) ist bei dieser geringen Konzentration von Eisengallus keine Gefahr." (https://www.pelikan.com/pulse/Pulsar/de_DE.CMS.displayCMS.205949./dokumentechte-tinten).

  • #5

    Pens and Freaks (Freitag, 06 Juli 2018 01:12)

    Danke, Michael. Inzwischen scheint man bei Pelikan wieder stolz auf den Zusatz eisengallushaltig zu sein. Jahrelang hat man die Kundschaft zumindest formal im Unklaren gehalten.

  • #6

    Sven K. (Donnerstag, 07 Januar 2021 22:54)

    Hallo zusammen,
    wenn es EG-Tinten nicht mehr zu kaufen gibt, warum nicht selber anmischen? Habe es wie folgt gemacht und bin sehr zufrieden:
    1.17 g (ca. 1.2 mmol) Tannin und 385 mg (2.26 mmol) 3,4,5-Trihydroxybenzoesäure (Gallussäure) werden in schwach erwärmtem 20 ml dest. Wasser gelöst, Zugabe von
    - 500 mg Gummi arabicum gelöst in 10 ml warmen dest. Wasser
    - 0.46 ml 24%iger Salzsäure (3.43 mmol) - oder etwas weniger
    - 2.12 g (5.4 mmol) Ammoniumeisen(II)-sulfat Hexahydrat gelöst in 12 ml dest. Wasser
    - einige kleine Kristalle Thymol
    aufgefüllt mit dest. Wasser auf 50 ml. Einige Tage stehenlassen/nach Erkalten filtrieren.

    Gummi arabicum emulgiert die Eisen-Gallussäure-Komplexe, die sonst schnell ausfallen würden. Die Säure ist dazu da, damit Eisen(II) nicht so schnell als Eisenhydroxid ausfällt. Tannin sorgt im großen Farbstoff-Komplex für eine gewisse Unordnung.
    Papierfraß bei den historischen Tinten waren eher bedingt durch den zu hohen Eisenanteil, bzw. die Verunreingung mit Kupfer(II)-Salzen.

    Viele Grüße

    Sven

  • #7

    Pens and Freaks (Freitag, 08 Januar 2021 10:11)

    Danke, Sven.

    Ich bitte für die Leser zu beachten,

    daß diese Handmischungen nichts mit dieser Webseite zu tun hat. Man beachte auch, daß solche Formulierungen nicht unbedingt Füllhalter-tauglich sind.

    Ich rate davon ab.

    Wer solche Eigentinten versuchen möchte, darf das auf eigenes Risiko tun.

    Es gibt Füllhalter-verträgliche Eisengallustinten. Ich setze die Platinum Blue/Black seit vielen Jahren ein.

    Die Salix von R&K und die Blauschwarz von Pelikan sind mir ein bißchen zu trocken in vielen Haltern. Die IJsen-Galnoten von Akkerman ist mir zu eisengallushaltig.

    Danke für den sehr interessanten Beitrag, den ich nur aus rechtlichen Gründen relativieren muß.

    Viele Grüße Thomas

  • #8

    Sven K. (Freitag, 08 Januar 2021 12:28)

    Danke Thomas für die Richtigstellung!!!

    Habe mir gerade die Akkerman Ijzer-Galnoten blauw/zwart vorbestellt. Hoffe dass sie bald wieder lieferfähig werden.

    Viele Grüße

    Sven

  • #9

    Uwe Steinmann (Freitag, 08 Januar 2021 12:49)

    Hallo,

    die sehr gute Qualität der Platinum Blue/Black kann ich aus eigerner Erfahrung nur bestätigen. Im Vergleich zur R+K und Pelikan ist die Platinum problemlos und fließt auch anständig.

    Was ist eigentlich von der KWZ IG-Tinte zu halten? Sie wird ja in vielen Farben angeboten. Ich habe aber nur wenige (oder wenig aussagefähige) Kommentare gefunden und auch selbst noch keine Erfahrungen gemacht. Wäre sie vielleicht eine Option?

    Gruß
    Uwe

  • #10

    Pens and Freaks (Samstag, 09 Januar 2021 20:43)

    Hallo Uwe,
    wieder einmal Tintenzubereitungen, die eine zeitlang forciert werden.
    Langzeiterfahrungen? Verträglichkeit?
    Die Tinten sind hochgesättigt und riechen süßlich chemisch fürchterlich. So was einmal probiert mit dem Federhalter. Eine solche Tinte kommt mir in keinen Füllhalter.

    Viele Grüße Thomas

  • #11

    Uwe Steinmann (Sonntag, 10 Januar 2021 16:48)

    Hallo Thomas,

    vielen Dank für die Info!
    Na, dann lasse ich mal lieber die Finger davon!

    Viele Grüße
    Uwe

  • #12

    Sven K. (Samstag, 16 Januar 2021 23:47)

    Hallo zusammen,

    gestern kam die Platinum Dyestuff Ink-Blue Black an. Ich muss sagen, eine sagenhaft schöne Tinte, sehr randscharf, sogar weitestgehend wasserfest, aber keine Eisengallustinte! Eine Blue Black aus der "Classic"-Serie ist mir nicht bekannt. Trotzdem wird dies eine Tinte sein, mit der ich sicher täglich schreiben werde.
    Auf der anderen Seite probierte ich die ESS Registrars Ink aus: randscharf, hohe Sättigung und so ergibt sich ein fast tiefschwarzes Schriftbild.
    Leider ist für mich die Suche nach einer guten Eisengallustinte noch nicht beendet. Ideal wäre eine Montblanc Midnight Blue (alt) ohne einen fahl-grauen Anteil bei dünnerem Auftrag, wie andere EG-Tinten sie haben.

    Viele Grüße

    Sven

  • #13

    Pens and Freaks (Sonntag, 17 Januar 2021 00:12)

    Die Platinum Blue-Black ist eine Eisengallustinte.

  • #14

    Sven K. (Montag, 18 Januar 2021 19:12)

    Hallo Thomas,

    Du hast recht! Heute habe ich mir die Platinum Dyestuff Ink-Blue Black mal näher angeschaut:
    Wassertest mit 70°C heißem Wasser führt schnell zum Abschwimmen des blauen Farbstoffes, zurück bleibt die Eisengallustinte "festgebeizt" auf dem Papier. Aber die Intensität ist deutlich geringer als bei den traditionellen Eisengallustinten, die diesen Wassertest unbeschadet überstehen.

    Ein Einwirken von verdünnter Säure löst die Eisengallustinte schnell auf. Bei der Platinum Blue Black bleibt die Blau-Komponente auf dem Papier zurück, während die herkömmlichen Eisengallustinten hier sehr schnell sehr blass werden.
    Somit ist die Platinum Dyestuff Ink-Blue Black für beide Extreme bestens gerüstet: weder ein warmer Regenschauer noch Säuren können ihr etwas anhaben, die Schrift bleibt gut lesbar!
    Eine wirklich schöne Tinte!

    Viele Grüße

    Sven

  • #15

    Pens and Freaks (Montag, 18 Januar 2021 19:21)

    Natürlich habe ich recht. Haha! Das Wesen der Platinum Blue-Black ist mir bestens bekannt. Schmaler Lauf, hervorragende Langzeitsicherheit, einfache Reinigung, akzeptabler Lauf

  • #16

    Flo (Dienstag, 05 März 2024 10:47)

    Moin moin