Jinhao 159

Original und Fälschung?

JINHAO ist ein chinesischer Hersteller von Metall-Schreibgeräten. Gegründet 1988 besteht die Firma seit 2003 in Shanghai. Das über die Grenzen hinaus am meisten bekannte Modell ist der 159, der auf den ersten Blick schon die Parallelen zum Montblanc Meisterstück 149 sucht. In der Bezeichnung geht man einen Schritt weiter, in Design, Material, Machart und vor allem im Preis geht man eine andere Richtung. Der Halter kostete mich einschl. kostenlosem Versand weniger als 15 Euro. Der Halter kam innerhalb von 4 Wochen, wobei man auch die Osterferien und eine Zollabfertigung berücksichtigen muß. Zoll fiel bei diesem Preis nicht an. 


Als Freund großer Füllhalter kann ein solches Modell eine durchaus interessante Bereicherung sein. Für den robusten Einsatz könnte ein solcher Halter gut passen.


Der Halter ist dick, ca. 11 mm in Griffstückmitte und ca. 15 mm maximal am Schaft. 14,8 cm lang ist er geschlossen und 12,5 cm ohne Kappe. Die Kappe läßt sich recht sicher aufstecken. Das stört aber die Balance des eh recht schweren Halters und ein lackiertes Metallhülsenschreibgerät wie der 159 und eine aufgesteckte Kappe ohne Kunststoff-Innenkappe (siehe Cross) verträgt sich nicht. Der Halter ist recht schwer mit Kappe, 48 g und ohne 28 g. Ein MB 149 bringt es auf 26 bzw. 26 g (aber ungefüllt). Ohne Kappe ist das in etwa pari-pari. Die Angaben sind immer nur Angaben, die aber nicht zu viel aussagen über das Handling eines Halters. Das Zusammenspiel ist es, die persönliche Schreibhaltung, Handgröße etc. Es ist, wie ich immer sage, doch ein bißchen wie ein Schuhkauf. Die Edelstahlfeder ist deutlich schmächtiger, aber paßt in den Proportionen doch recht gut. Länge 2,2 cm. 

Bei diesem ersten Eindruck kann ich die Ansichten von Vortestern sehr gut nachvollziehen. Materialanmutung und Verarbeitung sind out of the box absolut tadellos. Nichts wackelt, alles ist sauber gemacht und wirkt hochwertig. Der mitgelieferte Standard-Tintenkonverter ist sehr einfach, erfüllt aber zunächst seinen Zweck. Man könnte ihn preiswert im Bereich von 2-3 EUR gegen ein gutes einfaches Modell ersetzen, wenn man wegen der Funktionssicherheit Probleme sieht. Der Tintenvorrat entspricht dem Üblichen. Das wirkt bei diesem Boliden ein wenig dürftig, zumal der Tintenfluß kräftig und gut ist. Aber bei der Einheitsfeder M, die einer durchschnittlichen M auch entspricht, kann man damit leben. 

 

Sehr gut kann ich mir den Jinhao sogar in Verbindung mit einem149er vorstellen, wenn man sich an die Größe gewöhnt hat und zudem ein einfaches, aber durchaus haptisch vergleichbares Modell für den robusten Außeneinsatz wünscht. Das könnte hier passen. 

 

Der 159 ist keine billige Meisterstück-Kopie. Die Verchromung, der andere Clip mit dem Jinhao-Logo auf einem Schild, die einfache Stahlfeder und die Verchromungen am vorderen Griffstückende bzw. Corpus-Vorderteil zeigen genügend Distanz zu den Dingen - und eher eine Verneigung vor dem Original. Dennoch dürfte Montblanc non amused sein, aber leicht darüber hinwegsehen. 


Die Stahlfeder trägt neben der üblichen floralen Randverzierung das Jinhao-Logo und eine 18KGB-Prägung. Man hat offenbar für diese und Bicolor-Federn den identischen Stempel gewählt, die Inschrift bezeichnet eine 18-K-Goldplattierung. Man kann sich leicht darüber stellen. 


Die Einheitsfeder hat ein recht knubbeliges Schreibkorn, das vielleicht auch ein Iridium-Schreibkorn trägt. Die Punktspitze ist nach heutigem Begriff fast schon over polished, also sehr stark poliert, um ein weiches Schreibgefühl zu erreichen. Das ist auch gelungen. Die Feder gleitet mit der Diamine Midnight weich und geräuscharm über fas Papier. Beim horizontalen Strich in Schreibrichtung gibt es mitunter Anschreibprobleme. Das könne sich aber vielleicht noch geben. Der Fluß ist gut und erscheint gleichmäßig, bei stärkerem Druck wird mehr Tinte abgebeben. Druckunterschiede beim Schreiben ergeben eher eine unterschiedliche Tintenabgabe als daß es durch Tintenflußprobleme entsteht. 

Was mir gut gefällt, ist die sicher arrettierende Kappe, der sanfte und nicht hakelige Lauf der Gewinde, die sicheren Corpus-Arretierung bei Metallgewinden ohne Gummiring. Das kennt man von renommierten Herstellern ganz anders. Offenbar profitiert die chinesische Fertigung erheblich auch von den Erfahrungen in der Produktion für hochwertige Marken aus Amerika, Europa und Japan. 


Es hat mir sehr große Freude gemacht, diesen wirklichen Handschmeichler in Augenschein zu nehmen. Interessant ist sicher auch, wie er sich mit einer sehr guten Standardtinte wie Aurora blau verhält und insbesondere, wie er sich mit der weiteren Benutzung schlägt. Nach einigen Monaten, und allemal nach einem Jahr, weiß man mehr. Ich werde euch weiter berichten. 


Bilder vom Halter folgen bei besserem Licht. 


Viele Grüße

Thomas



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Kommentare: 3
  • #1

    Pens-and-Freaks (Freitag, 08 Mai 2015)

    Der Jinhao 159 ist ein großer Halter im Stile eines Montblanc Meisterstück 149. Der Halter ist für unter 15 Euro zu bekommen und stammt aus China. Das Metallhülsenschreibgerät ist prima verarbeitet und die schwarze Lackierung ist sehr glatt und sauber ausgeführt. Die Edelstahlfeder in Einzeitsgröße M hat ein rundet und glattes Schreibkorn. Die Schreibeigenschaften sind recht gut, eine geringe Anschreibschwäche kann man evtl. nacharbeiten oder sie gibt sich. Sicher, der 159 lebt von der Parallele zu einem ewigen Spitzenfüller, der Jinhao hat aber sympathische Eigenschaften, die ihn als geeignetes Alltagswerkzeug erscheinen lassen.

    Offen bleiben muß derzeit die Haltbarkeit und Praxistauglichkeit. Ich selber werde den einfachen Konverter durch einen 2,50-Euro-Kaweco-Konverter ersetzen. Mit der Aurora Blau werde ich die hochgesättigte Diamine Midnight vergleichen.

    Viele Grüße
    Thomas

  • #2

    Christoph (Mittwoch, 01 Februar 2017 12:43)

    Hallo Thomas,

    beim stöbern im Internet bin auch ich auf diese Füllfeder gestoßen. Nach etwa 2 Wochen habe ich ihn in Empfang genommen und sogleich mit einer kleinen Pelikan Patrone geladen.
    Der Tintenfluss war mehr als trocken, der Füller nicht zu gebrauchen.
    Nach einer Nacht im Wasserbad und einem Ultraschallbad dann der nächste Versuch.
    Es war wie Tag und Nacht, perfekter Tintenfluss, sauberes Schriftbild, etwas schwer aber angenehm.
    Er war dann für längere Zeit mein "Unterwegsfüller". So nach einem halben Jahr wurde er dann aber unansehnlich weil die schwarze Lackierung nicht gerade viel wegsteckt und an einigen Stellen das Metall sichtbar wurde.
    Mittlerweile liegt er im Bastelraum zwischen Bleistiften, Werbekulis und Werkzeug herum, verrichtet aber auch nach längerem Nichtgebrauch brav seine Aufgaben.
    Mein Fazit:
    Wer gerne einen sehr großen Füller ausprobieren möchte und damit klar kommt dass der Auslieferungsstandard nicht unbedingt den europäischen Kriterien entspricht ist mit diesem Füllfederhalter sicher auf dem richtigen Weg.

    LG
    Christoph

  • #3

    pens and freaks (Mittwoch, 01 Februar 2017 19:31)

    Danke, Christoph. Es löst sich auch mal gerne die Plastikinnenkappe mit dem Gewindegegenstück zum Corpus. AUch einen X450 habe ich probiert. Schöne Machart auf den ersten Blick. Ein Platimum Preppy für unter 4 EUR schreibt viel besser. Aber es kann einen Versuch wert sein.

    Viele Grüße Thomas