Im Road-Test: Cross Townsend Glanzchrom, Feder F

1. Einleitung:

Cross ist zweifellos ein wohlbekannter Hersteller von Schreibgeräten. Legendär geworden durch seine Bleistifte im 19. Jahrhundert und vor allem in den USA allgegenwärtig als dünner Kugelschreiber, kommen die Füllhalter bei Cross erst in den 80er Jahren. Der Cross Century 1984, später der Century II waren die ersten Füllhaltermodelle. Der stattlichere Townsend kam 1993 hinzu. Ergänzung und Verbesserung: 1993 kam der Townsend wieder hinzu. Er hat als Vorbild ein Modell aus den 30er-Jahren von Cross (Quelle: Clark, Collectible Foutain Pens, englische Ausgabe 2002, Seite 215). Danke, Wilfried, für den Hinweis.

Anfänglich mit Goldfeder angeboten, gibt es auch den Glanzchrom und den Medalist, verchromt mit vergoldeten Akzenten, mit einer Edelstahlfeder in F, M und B.

 

Ich habe mich für die klassische Ausführung mit Glanzchrom entschieden, Feder F. Der offizielle Preis liegt derzeit im Juni 2012 bei 155 Euro. Es gibt davon auch Kugelschreiber und Tintenroller. Das komplette Programm kann man auf der Cross-Webseite einsehen.

 

Lang habe ich überlegt: Ein Cross aus China? Cross läßt seine Schreibserien seit einigen Jahren nicht mehr in den USA im Stammwerk und auch nicht mehr in Irland für den europäischen Markt fertigen. Woher die Townsend-Federn kommen, wird diskutiert, aus China, von Pelikan wie früher oder doch von Peter Bock?

 

2. Besichtigung:

Der Halter ist lang und vergleichsweise im Corpus recht schmal mit einer eindrucksvollen Kappe im typischen Cross-Stil. Typischer robuster Cross-Clip, die attraktive Kappe, die einen klassischen Cross sofort identifiziert. Eine Angabe über den Herstellungsort fehlt im Gegensatz zu früher. Fertigung und Verchromung sind tadellos. Den Übergang vom Plastikgriffstück zum Metallcorpus hätte man sich hahtloser vorstellen können und auch der schmale Plastikring im hinteren Corpusbereich für die sichere Kappenfixierung ist funktionell ohne Einwand, hätte man sich aber irgendwie auch gediegener vorstellen können. Wie sagt man da so schön und diplomatisch: Der Townsend hat eine sehr hohe Funkionalität an den entscheidenden Stellen. Das trifft es, so denke ich. Denn auch das glatte Plastik-Griffstück ist nicht zu beanstanden, wenn man aber die Riffelung beim Century II kennt, dann kann man verstehen, daß diese besser gefällt, weil gediegener und rutschfester.

 

Die Dimensionen:

15 cm lang, ohne Kappe 13 und mit aufgesteckter Kappe 16 cm;

Griffstückbreite: in der Mitte 9, maximale Corpusbreite: 11 mm;

Gewicht: 36 g, Corpus 18 g

 

Der schöne Clip ist eigengefedert und macht einen stabilen Eindruck. Natürlich steht die Kappe möglicherweise deutlich aus einer Hemdtasche heraus, vielleicht ist das aber auch gerade gewünscht.

 

Ich finde, der zierliche, lange Halter paßt sehr gut zur 2 cm langen und entsprechend elegant schmalen, schön ziselierten Stahlfeder und zum verchromten Ring am vorderen Griffabschluß. Leider nur F, M und B. Cross hat auch bei Stahlfedern mehr Federauswahl geboten einschließlich Schräg- und Italic-Federn. Hauptattraktion bleibt die typische imposante Townsend. Kappe und die mächtigen Doppelringe am Kappenrand. Leicht gratig ist der Übergang vom oberen Kappenabschluß zur eigentlichen Kappe, dabei optisch aber gelungen und attraktiv.

 

Die Kappe hat einen Kunststoff-Einsatz, die Kappe sitzt sehr fest auf dem Halter, abfallen kann die Kappe also in keinem Fall. Für einen Reise-Füllhalter eine eminent wichtige Sache. Es ist immer wieder zu beobachten, wie enttäuschend selbst bei ansonsten großartigen Füllhaltern die Kappenbefestigung sein kann. Hier wackelt nichts, Kappe und Corpus sind im geschlossenen Zustand eine Einheit. Mit der Zeit wird das Aufstecken und Abziehen der Kappe etwas einfacher, dennoch hätte die Befestigung noch komfortabler und dabei nicht weniger sicher sein können. Aber: lieber so als eine wackelige und/oder unsichere Kappenbefestigung.

 

Cross liefert einen aufsteckbaren Drehkonverter mit grünem Sichtfenster mit. Gegenüber meinem 1996er Century II also leider kein festsitzender, weil über ein Gewinde aufschraubbarer Konverter. Der Steck-Konverter sitzt aber fest und ist in seiner Funktion nichts Besonderes, er funktioniert, genauso wie der soll. Ansonsten passen die Cross-Patronen besonderen Cross-Patronen, die es in den Farben Schwarz, Blau, Blauschwarz und Braun gibt (nicht die Slim-Patronen für den Spire). Die Tinte soll von Pelikan stammen. Im Glas gibt es Cross-Tinte in Schwarz und Blau.

 

3. On the Road

Der Glanzchrom ist ein echter Handschmeichler, die Grate am Griffstückende, möglicherweise am oberen Kappenende und der Kunststoffring am hinteren Corpusende sind am dem sonst glatten Äußeren des Townsend etwas auffällig, richtig stören dürften sie nur die Wenigsten, zumindest nicht auf Dauer. Ich schreibe den Cross am liebsten ohne Kappe, das Handling ist für mich gut, weil der Halter ausreichend lang ist. Mit aufgesteckter Kappe ist er mir etwas zu hecklastig. Die Kappe sitzt dabei fest, aber es entsteht eine recht große Lücke zwischen Kappeninnenrand und Corpus.

Das glatte Griffstück läßt Wünsche zum geriffelten Century-II-Griffstück aufkommen, das Griffstück löst sich nicht vom Corpus, obwohl Metall gegen Metall laufen und kein Dichtungsring vorhanden ist. Auch hier wieder: praxisnahe Funktion, wie bei Cross üblich. Die feine Feder ist wirklich fein und sie funktioniert tadellos, auch die Federschlitzung ist symmetrisch, was wohl bei den ersten chinesischen Federn nicht so gewesen sein soll. Tintenleiter und die leicht elastische Feder harmonierten perfekt. Anschreibverhalten, Tintenfluß und Auslaufsicherheit sind einwandfrei. Vielleicht minimales Kratzen im „Sweet Point“, eher eine leichte Rauhigkeit der aber auf der anderen Seite sehr präzisen Feder, mit der man auch zeichnen könnte.

 

Aktuell läuft der Cross mit der Montblanc Midnight Blue, die ein sehr scharfes Schriftbild in Verbindung mit der Feder ermöglicht. Hochgesättigte Tinten wie Diamine lassen die Feder noch weicher laufen, weniger gesättigte Tinten mit viel Charakter wie Pelikan 4001 Blau-Schwarz zeigen schönes Shading, die wenig gesättigte Herbin-Tinte Bleu Nuit läuft mit dem sehr guten Tintenleiter und überzeugt hier vollkommen. Insgesamt zeigt sich das Federaggregat als in keinerer Weise anspruchvoll.

 

4. Zusammenfassende Beurteilung:

Eigentlich wollte ich nie einen Cross kaufen aus chinesischer Produktion. Als die ersten Hinweise dazu kamen, war ich enttäuscht. Der Qualitätshersteller weicht nach China aus. Dennoch habe ich jetzt einen aktuellen Townsend und er ist ein ständiger Begleiter geworden. Ich habe keine Zweifel, daß dieser Glanzchrom-Cross genauso gut halten wird wie meine anderen Cross, die mich zum Teil seit fast 20 Jahren begleiten und die in der Haltbarkeit ohne Tadel sind.


Ein richtiger Business-Pen, möchte ich da sagen. Man hat den Eindruck, man könne sich auf ihn und seine Materialqualität immer verlassen. Nicht umsonst gibt es stille Freunde dieser Townsends in den vielen verschiedenen Ausführungen. Still deshalb, weil es über die Townsends meist nicht viel zu sagen gibt. Sie funktionieren einfach.

 

Ich hoffe, der Beitrag hat gefallen. Kommentare sehr gerne.

 

THOMAS

 


Cross Townsend mit seiner stattlichen Kappe
Cross Townsend mit seiner stattlichen Kappe
Cross Townsend mit Edelstahlfeder, schön ziseliert
Cross Townsend mit Edelstahlfeder, schön ziseliert
Schreibprobe mit der Eisengallustinte MB Midnight Blue
Schreibprobe mit der Eisengallustinte MB Midnight Blue

Gästebuch

Kommentar schreiben

Kommentare: 13
  • #1

    Heiko (Montag, 18 Juni 2012 22:03)

    Ein toller und ausführlicher Beitrag. Jetzt tut mir leid, dass ich kürzlich einen angebotenen CT ausgeschlagen habe, weil ich bedenken hatte, dass eine China-Produktion nur Müll sein kann. Und ich hätte ihn wirklich günstig bekommen können, doch genau das machte mir noch mehr Kopfschmerzen.
    Nun, für die Zukunft weiß ich es besser.

    LG Heiko

  • #2

    Thomas (Dienstag, 19 Juni 2012 08:15)

    Hallo Heiko,
    vielen Dank für Deinen Kommentar, es ist der erste!
    Der Townsend ist meiner Meinung nach, wie viele Cross-Stifte, im praktischen Einsatz einfach gut überlegt und gemacht. Bekanntermaßen sind die USA-Modelle hervorragend im Langzeiteinsatz. Auch mit den Irland-Modellen habe ich nur gute Erfahrungen gemacht.
    Bei den chinesischen Modellen muß man noch abwarten. Bislang bin ich aber sehr zufrieden.
    Wenn im Verlauf irgend etwas nicht OK sein wird, werde ich es aber nachberichten. Ehrensache.
    Viele Grüße Thomas

  • #3

    Thomas von pens-and-freaks.de (Sonntag, 24 Juni 2012 18:52)

    Es gibt ja Füllhalter, die man gerne verwendet, aber die man aus verschiedenen Gründen unterwegs nicht so gerne dabei hat. Solch eine Situation ist es, wenn man mit der Bahn verreist oder das FLugzeug nimmt. Man möchte nicht so viele Halter mitnehmen, aber es soll nicht vorkommen, daß die Kappe abgeht ... Es gibt ja typische Kandidaten, bei denen das immer wieder passieren kann. Und da sind namhafte Marken dabei. Bei diesem Cross passiert so etwas nicht, die Kappe ist fest, der Tintenleiter ist sehr gut und tendiert nicht zum Auslaufen. Die Oberfläche ist robust (Glanz-Chrom). Und überteuert ist er auch nicht.

    Für mich ein "Business Pen". Natürlich muß man den schmächtigen Halter mögen. Mir kommt die Schaftlänge dabei sehr entgegen.

    Ja, der Cross Townsend ist für mich, auch aus chinesicher Produktion, ein echter Cross gebliene. Ich mag ihn sehr und ich denke, er wird mich nicht enttäuschen.

  • #4

    Reform (Donnerstag, 20 Dezember 2012 23:21)

    US Modelle?
    Die Griffstücke wurden in Heidelberg bei Muschler entwickelt und gefertigt,
    Cross wie auch viele bekannte Hersteller können keine Federn und Tintenleiter entwickeln
    und herstellen, Mutschler hat das gemacht!

  • #5

    Thomas von PAF (Freitag, 21 Dezember 2012 17:34)

    Gerne ergaenze ich zu Cross:
    Der amerikanische Hersteller bietet seit 1984 Fuellhalter vom Typ Century an, seit vielen Jahren als Century II. Seit 1993 gibt es den Townsend.
    Stand 1999 wurden die Federn von Pelikan hergestellt und Cross beabsichtigte damals eine eigene Federproduktion. In Scriptum gab es einen schoenen Artikel dazu.

    Wir wissen, dass vor wenigen Jahren Cross die Fertigung aus Providence und Irland nach China verlegt wurde. Die Diskussionen dazu und den Problemen mit inakkurat geschlitzten Federn kann man bei fountain pen network nachlesen. Ob das Chinafedern waren und sind, muss fuer mich offen bleiben.

    Da die Firma Reform-Mutschler nach meiner Kenntnis nicht mehr existiert, spirlen solche Federn fuer die hier besprochene Townsend-Generation wohl keine Rolle. Wer mehr ueber die aktuelle Cross-Federherstellung weiss, darf sich gerne melden.

    Verallgemeinerungen sind schwierig. Ich denke, Waterman-Federn, auch ein US-Hersteller, werden weiterhin in Frankreich hergestellt.

  • #6

    Reform (Freitag, 21 Dezember 2012 19:47)

    Ja, der Townsend hat Pelikan gefertigt -die Schreibfedern dazu wird bestimmt die Firma Bock gefertigt haben!

  • #7

    Thomas von PAF (Freitag, 21 Dezember 2012 21:26)

    Federn Pelikan und Gehaeuse selber. CROSS brauchte nach ueber 150 J Metallbearb. sicher keine auswaertige Fertigung bis zur Entsch. fuer China.

  • #8

    Thomas von PAF (Samstag, 29 Dezember 2012 23:32)

    Ich benutze den Townsend täglich, derzeit mit Diamine Racing Green von missing-pen. Sehr guter Tintenfluß und sehr zuverlässige Gesamteigenschaften. Die Oberfläche hat sich sehr gut gehalten. Die Kappe sitzt sehr stramm, das hätte man besser machen können, aber umgekehrt kann da nichts passieren. Ein "every das writer". Liegt wie ein Bleistift durch seine gute Länge in der Hand. Für Kappenschreiber ist das aber nichts (zu lang, hinterer Schwerpunkt).

    China-Produktion ist für amerikanische Firmen inzwischen zur Normalität geworden, über mögliche Diskussionen wegen der Fertigung oder Reputation der Produkte macht man sich keine großen Sorgen.

    Eine konsequente Schärfung der eigenen Markenlage und des Images macht man sich in USA sicherlich weniger Gedanken als hierzulande. Man sieht das dort eher lockerer und entscheidet auch aus kaufmännischer Sicht heraus.

    Das bedeutet aber nicht, daß man keine guten Produkte mehr bekommen kann. Ich finde, Cross-Produkte der klassischen Art wie Century und Tonwsend habe eine sehr gute Haltbarkeit und Praxistauglichkeit.

    Es wird sicher über sie wenig geredet, sie funktionieren (meist) sehr gut und dauerhaft.

    Ich jedenfalls mag den Townsend sehr und werde mir evtl. auch noch einen mit Goldfeder zulegen. Mal sehen.

  • #9

    Benny (Montag, 28 Januar 2013 15:31)

    In unserem Haushalt gibt es 5 verschiedene Townsends. Ich selbst habe 4 davon im ständigen Gebrauch. Den ältesten in Space Blau ist schon über 10 Jahre in Gebrauch. Alle Federbreiten sind dabei. Fazit: Die Townsends sind inzwischen die einzigsten Füllhalter die wir haben geworden. Das nicht ohne Grund. Sie haben uns nie im Stich gelassen, haben bei keiner Tinte gezickt, und auch meine Frau schreibt damit am liebsten.

  • #10

    Thomas von PAF (Montag, 28 Januar 2013 21:50)

    Hallo Benny,
    vielen Dank für die Nachricht. Ein zuverlässiger und sehr guter "Evergreen", der Townsend. Ich hätte es aber gerne gesehen, wenn die Halter noch in Rhode Island produziert würden (oder in Irland) und nicht in China.

    VG Thomas

  • #11

    pens-and-freaks (Samstag, 05 April 2014 18:27)

    April 2014:

    Der Townsend ist aus England zurück und alle Kratzigkeit ist verschwunden. Danke, John. Der phantastische Tintenleiter arbeitet jetzt mit einer tollen Schreibspitze zusammen. Und die Pelikan 4001 Blau-Schwarz ist im passenden FH endgältig angekommen.

  • #12

    Thomas (Mittwoch, 16 April 2014)

    Mein Cross Townsend Citrine mit 18k bicolor M-Feder scheint in 04/2006 gefertigt worden zu sein (Prägung im silberfarbenen Verbindungsstück zwischen Griffstück und Konverter).
    Kommt der dann bereits aus China?
    Ich bin mit dem Townsend recht zufrieden, auch wenn er nicht mein Lieblingsfüller ist.
    LG
    Thomas

  • #13

    pens-and-freaks.com (Mittwoch, 16 April 2014 19:34)

    Hallo Thomas. Im Laufe des Jahres 2007 wohl wurde die Produktion nach China verlegt. Bereits im Januar 2008 ist von dem stattgehabten Umzug im Fountain Pen Network die Rede. Üblicherweise tragen frühere Cross Made in U.S.A. oder Made in Ireland. Wenn er wirklich aus 2006 stammt, so sollte es kein chinesischer Halter sein.

    Ich hatte immer den Eindruck, daß die Made in U.S.A. besser waren als in Irland. Gerade die Paßform der amerikanischen Drehkugelschreiber war viel besser. Aus alter Produktion Made in Ireland habe ich nur einen Century II von 1996. Bei den Townsends habe ich nur das oben beschriebene Exemplar, das jetzt sehr gut schreibt.

    VG Thomas