Zum 15. März 2015


Tintenfragen: Was soll ich nehmen?

Viele Fragen erreichen mich über die Kommentarfunktion und tauchen hier gar nicht auf. Zahlreiche beziehen sich auf Fragen zu der immensen Tintenauswahl, mit der viele nicht gut zurecht kommen. Ich möchte dies kurz und praktisch nochmals aufrollen, weil es tatsächlich recht schwierig ist, die Übersicht zu bekommen.


Neben der Frage ist es immer wesentlich, das WESEN EINER TINTE zu erfassen. Ich bemühe mich immer, DAS als wesentliche Information in meinen Berichten zu vermitteln. Und dabei haben wir von Spezialtinte mit beispielsweise dokumentenechten Eigenschaften noch nicht gesprochen.


Es geht zunächst einmal um Dinge wie Verfügbarkeit, Probieren und Preis. Im Fachhandel bekommt man meist nur Pelikan (oft nicht einmal die Edelstein-Tinten), Lamy, Parker, Waterman und Montblanc. Dann wird es schon dünn. Die Spezialtinten von Faber-Castell gehören heutzutage auch dazu. Tinten von Diamine, Rohrer und Klingner, J. Herbin, de Atramentis oder Standardgraph sind schon schwerer zu finden, manchmal gibt es sie im Künstlerbedarf. Ob man nun mit der Tinte des Herstellers (wer auch immer diese Tinte herstellt ...) verwenden will, ist reine Geschmackssache. Wer Patronen verwenden will, ist jenseits der internationalen Patronen (Pelikan, MB usw.) sowieso begrenzt, außer er füllt auch aus dem Glas mit der Spritze. 


Es gibt zwei typische Anwender: Der eine will eine typische blaue Tinte und hat einen Hersteller wie Pelikan, Lamy. Montblanc usw. Diese Halter sind i. d. R. auf normal gesättigte Tinten eingestellt. Da gibt es höchstens noch die Frage, ob ein Tintenkiller verwendet werden soll. Wenn ja, dann nehme man Pelikan 4001 Königsblau (nicht schön, aber praktisch) oder schöner, wenn man sie bekommt, die Rohrer und Klingner Königsblau. Letztere ist für mich die STANDARDBLAUE schlechthin. Und man unterstützt Made in Germany. Sonst kann man auch gut die Parker Quink Blue Permanent nehmen (die nicht permanent ist, aber nicht mit Tintenkiller funktioniert). Fertig, mehr braucht man eigentlich nicht zu wissen. 


Der zweite Anwender braucht eine zumindest recht resistente Tinte. Da könnten Eisengallus- oder moderne Pigmenttinten in Frage kommen. Bitte nicht! Da muß man sein Equipment kennen. Verwendet man den Halter immer, trocknet er aus und möchte man den Halter auch pflegen? Muß es wirklich nach Norm (oder zumindest in der Realität) dokumentenecht sein und fordert das jemand ein oder braucht man die Sicherheit? Ich würde hier eher zu schwarzer Tinte raten, die meist recht resistent ist und häufig harmlos. Nach meinen bisherigen Erfahrungen könnte die J. Herbin Perle Noire eine solche Tinte sein. Mit dieser Tinte habe ich persönlich aber noch keine Langzeiterfahrungen, ob sie verschimmelt.


Jetzt möchte aber jemand ein dunkleres Blau: voilà die Aurora Blu, noch dunkler bis schiefergrau die Montblanc Midnight Blue oder die Sheaffer Blue-Black. Fertig. Saftiger und Blau bis fast schon Schwarz: die Pelikan Edelstein Tanzanite. Das ist dann der Übergang zu den Hochgesättigten, zu denen die Tanzanite (nicht alle Edelstein-Tinten aber) gehört. 


Hochgesättigte sind z. B. J. Herbin Lue Ocean (Jubiläumstinte), Diamine, de Atramentis, manche Pelikan Edelstein-Tinten, Private Reserve, die Sailor und eigentlich auch die Iroshizuko-Tinten von Pilot. Üblicherweise sind sie wasserlöslich, was der einfachen Reinigung guttut. Aber Vorsicht: einige färben enorm! Aufpassen. Und manche laufen recht breit, was bei feinem Strich auch ungünstig sein kann. Die Sailor sind recht schmal und auch nicht so extrem übersättigt, bei den Diamine ist es recht unterschiedlich, die Übersättigung nimmt bei neueren Tinten gottlob etwas ab. Die de Atramentis sind starkt gesättigt und laufen breit. Hier haben manche auch eine recht gute Wasserresistenz, ohne daß sie stark färben oder schlecht zu pflegen sind. Aber Geruchstinten riechen sehr lange in den Haltern nach, auch wenn längst ausgewaschen!


Eisengallustinten sind speziell. Sie laufen trocken und sind bei modernen Haltern häufig nicht komfortabel. Meist sind es bestimmte Kombis zwischen Füller und Tinte, die gut harmonieren. Aber Konverter oder Kolben laufen dann schon mal recht trocken. Und die Halter müssen gut abdichten. Sonst gibt es Ärger ohne Ende. Sehr bewährte Versionen wie die Pelikan 4001 Blau-Schwarz sollten am ehesten versucht werden, weil sie seit Jahrzehnten gut bewährt sind. Ist der Tintenfluß aber nicht reichlich, so produziert sie ein flaues Grau. In einem passenden Halter wird die Tinte sehr lebendig mit einem unglaublichen Blau mit Grauschwarz und einer enormen Randschärfe. Mittelblau sind die durchaus fließfreudige Platinum Blue-Black und ähnlich kapriziös wie die Pelikan ist die Rohrer und Klingner "Salix". Die Akkerman Ijzer-Galnoten ist eisengallushaltiger und zeigt am Konverter grauschwarze Oxidationen. Eher mit der Pelikan 4001 beginnen. 

Moderne Pigmenttinten, wie sie Platinum oder de Atramentis oder auch inzwischen Montblanc anbietet, sind so eine Sache. Sie erfordern Sorgfalt in Reinigung und laufen ganz anders als andere Tinten. Sie sehen eher nach Filzstift aus. Das antike Shading der Eisengallustinten bieten sie nicht. Sailor bietet Nano-Tinten an. Meist laufen alle diese Tinten recht breit. Ich mag sie eigentlich alle nicht. 


Bei den üblichen Schreibtinten haben wir nun alles Wichtige durch. Mehr braucht man eigentlich bei seiner Auswahl nicht. Viele Tinten sind Variationen. Aber man sollte schon das WESEN DER TINTE erfassen. Eine J. Herbin ist etwas anderes als eine Diamine!


Fortsetzung bei anderen Farben folgt, falls Interesse besteht. 


Viele Grüße

Thomas


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Kommentare: 2
  • #1

    Jürgen (Sonntag, 15 März 2015 17:02)

    Hallo Thomas,
    Deine neue Rubrik "Tintenfragen: Was soll ich nehmen" finde ich nicht nur informativ sondern vor allen Dingen hilfreich. Ich hätte daher schon Interesse an einer Fortsetzung der Thematik bei anderen Farben.
    Wahrscheinlich geht es vielen Neulingen so wie mir; bis vor gut 1 ½ Jahre gab es für mich nur vier Tinten"Hersteller": Lamy, Montblanc, Pelikan und Waterman. Damit war meine Tintenwelt zu Ende. Du hast schon recht - jetzt die Übersicht zu behalten ist eine reine Sisyphus Arbeit. Auch das Wesen der Tinte zu erfassen dürfte für einen Anfänger fast unmöglich sein. Daher vielen Dank für Deine Zusammenstellung. Momentan schreibe ich mit Scabiosa, Peli Sapphire und Tanzanite, MB Midnight Blue NEU. Sobald ich diese Tinten aufgebraucht habe werde ich mich wahrscheinlich mit den Standardtinten von de Atramentis beschäftigen. Vor allem deswegen da sie fliessfreudig sein sollen und über eine gewisse Resistenz verfügen.
    Gruß
    Jürgen

  • #2

    Pens-and-Freaks (Montag, 16 März 2015 23:44)

    Danke, Jürgen. Mal sehen, vielleicht mache ich das mit Grün (Braun) und Rot. Sind ja auch interessante Farben.

    VG Thomas