Diamine Autumn Oak (NEU 1.8.14) einschl. ausführlicher Vorbemerkungen, wie ich "teste"


Das ist der Papierausstrich der neuen Autumn Oak der englischen Firma Diamine aus Liverpool, England. Bekannt geworden ist das Traditionshaus durch eine enorme Vielzahl von Tinten, die inzwischen bei über 100 liegen.

 

Üblicherweise handelt es sich dabei um wasserlösliche, leicht bis sehr leicht fließende Tinten mit eher hoher Farbsättigung. Inzwischen gibt es aber auch weniger gesättigte mit teils ausgeprägtem Shading. Die Preise sind moderat und man kann Tinten sehr einfach im 30-mL-Plastikfläschchen probieren und evtl. dann die standhaften 80-mLGlas-Fässer nachkaufen. Sehr praktisch und kundenfreundlich. Die Preise liegen um 3-4 EUR bzw. um 10 EUR. 

 

Erhältlich sind sie natürlich in England, direkt von Diamine oder von englischen Internethändlern, z.B. in den Niederlanden und in Deutschland von "schreibstoff" in 72639 Neuffen (mail@schreibstoff-shop.de). Herr Maier war so freundlich, mir Proben der neuen beiden Diamine-Tinten zu schicken. Ich danke ihm dafür. Wie bei mir bekannt und klar, ist die Einschätzung solcher Tinten möglichst objektiv. Es handelt sich nicht um eine Werbemaßnahme.  Ich denke, die zahlreichen Leserinnen und Leser hier werden das sicher verstehen, denn durch die Zusendung dieser Tinten ist man erst imstande, eine noch größere Auswahl an Material hier vorzustellen. Und das kann nur im Interesse der Interessierten sein. Es soll ja auch genügend Abwechslung beim hoffentlich kurzweiligen Lesen entstehen.


Ich darf bei der Gelegenheit bei dieser Vorstellung, die zunächst nur partiell sein kann, meine Vorgehensweise ausführlicher beschreiben, die den Lesern nicht immer präsent sein dürfte, auch wenn dies in früheren Berichten schon dargestellt wurde. Und man lernt hinzu. 

 

Ein Papierausstrich ist als erster Eindruck sehr interessant. Er ist viel besser als ein Q-Tip-Test, bei dem die Tinten mit einem Ohrenstäbchen auf Papier aufgebracht wird und filzstiftartig stark gesättigt ist. Beim Ausstrich mit einem schmalen Papierstreifen wird die Tinte auf identisches Papier aufgetragen. Dabei bemerkt man schon die Sättigung, das Shading und auch ein wenig das zu erwartende Laufverhalten. Die Trocknungszeit ist durch den erzielten Auftrag der Tinte teils voraussehbar, aber nicht sicher. Die Trocknungszeit, die von mir i.d.R. auch nicht angegeben wird, ist eine enorm subjektive Sache in bezug auf das Material (Feder, Papier). Ich verwende für meine Einschätzungen hauptsächlich Clairefontaine 90, das leicht zu bekommen und zudem sehr ausgewogen ist. Kopierpapier ist problematisch und noch schlimmer, wenn es durch einen Drucker gelaufen ist und der Tester - gut gemeint - ein Formblatt erstellen und ausfüllen möchte. Auch Tintenkarten sind häufig nicht ideal. Auf den ersten Blick ist das sehr clever, weil man die Tintenkärtchen einfacher vergleichen und auch archivieren kann. Aber man muß sein Material kennen. Die Brunnen-Kärtchen z. B., die sonst sehr praktisch und wiederum gut zu bekommen sind, laufen zu stark aus und saugen auch zu deutlich ein. Das verändert den Eindruck zu stark. Also: es bleibt beim Clairefontaine-Ringheft wie zuvor. Ein einfacher Abreißblock unbekannter Herkunft (Werbeblock), mit dem ich auch ausstreiche, dient als Vergleich zu einfachem, saugstärkerem Papier. No-Name-Kopierpapier aber als wesentliche Beurteilsgrundlage ist ein "No Go".


Auf den ersten Blick wäre nun eine Tauch- oder auch eine Glasfeder verlockend. Man muß nicht umständlich füllen und dann einschreiben. Bei hellen Tinten muß man die Tintenreste der Vortinte auch endgültig heraushaben. Daher auch die Beurteilung z.B. dieser Tinte in Raten. Es geht nicht anders, wenn man auch noch andere Dinge jeden Tag zu erledigen hat und oft eine 7-Tage-Arbeitswoche hat. Und auch andere Verpflichtungen. Der Leserschaft dürfte ohne weiteres klar sein, daß das hier ein "Just for Fun" ist und ganz wesentlich der Informationsweitergabe, wie es nur durch die modernen Medien so einfach möglich wird. Dazu gehört viel Entusiasmus und viel Wille zur Leistung ohne erwartbare Gegenleistung. Das aber nur als Einschub, der mit erlaubt sein dürfte.

 

Also: eine Tunkfeder geht nicht, weil die Übersättigung zu keinen guten Eindrücken führen kann. Auch die Farbe ist oft mehr oder weniger verfälscht. Das Fließverhalten geht im Tintenüberfluß völlig unter. 

 

Es muß also gefüllt werden und man muß dabei auch vorher schon ein Gefühl dafür entwickeln, in welchen Haltern man ausprobiert; auch welche Federstärke es sein könnte, mit der man einen guten Eindruck vom WESEN DER TINTE bekommt. Natürlich wünschte man sich, man würde immer verschiedene Federstärken nehmen, aber das kann man nicht geradeso bringen. Man kennt zudem seine "Pappenheimer", d.h. seine Füller. Eine Tintenprobe in einem ungeeigneten Füller führte zu keinen brauchbaren Ergebnissen. Und genau dieser Spagat zwischen subjektiv und möglichst objektiv ist es, der Erfahrung und Gefühl braucht. Es ist nicht nur die Farbe, es ist eben das WESEN DER TINTE, das man erfassen möchte. 


Nun zum eigentlichen Tintenausstrich. Hier ist er nochmals:

Und hier sind zwei andere zum Vergleich:


Das zweite Problem: scannen oder fotografieren. Wie viele andere verfüge ich über keinen professionellen Scanner, die Scanner-Einheit meines vertrauten Tintenstrahlers Epson DX4250 muß es tun. Und Fotos sind meist noch problematischer umzusetzen. Und die äußeren Umstände sind noch unberechenbarer (Licht). Entscheidend ist, zum Bild den persönlichen Eindruck über dessen farbliche Stimmigkeit anzugeben. 


 Oben also die Diamine Autumn Oak, darunter die inzwischen eingestellte Sailor Jentle Ink Apricot, dann die J. Herbin Orange Indien.

 

Man wird daraus nicht zu viel machen können. Die Grundausrichtung ist durchaus ähnlich, aber nicht einmal die sicher unterschiedliche Farbsättigung und das Shading kommen gut heraus. Bei der Herbin sieht man die Gleichmäßigkeit, die ein Farben-Shading eher unwahrscheinlich macht. 

 

Bei der Sailor erahnt man gelbes Shading, die Rattermarken rechts sprechen für eher gemäßige Sättigung und trockeneren Fluß. Bei der Diamine sieht man übereinander laufende Tintenabschnitte, die für ein unterschiedliches Laufen der Tinte bei den Drehbewegungen der Schrift und ein intensiveres Shading sprechen könnten. Auch gelbliche Anteile könnten für entsprechendes Gelb-Shading der weniger gesättigten Tintenspuranteile stehen. Man wird sehen. Es fällt einem sofort die Referenztinte dazu ein: die Noodler´s Apache Sunset, die legendär ist und die ich leider momentan nicht habe. Vielleicht wird´s noch ´was. Diese hat das volle Orangerot mit einem gelben Shading. Bei den grünen Tinten ist die Rohrer und Klingner Alt-Goldgrün auch so ein Shading-(Schattierungs-)Wunder. 


Jetzt stellt sich die Frage: in welchen Halter damit? Sicher nicht in einen "selektiven" TWSBI, vielleicht eher in einen "Brot-und-Butter"-Pelikan wie einen M205 mit Stahlfeder. Fortsetzung folgt ...

Fortsetzung: Teil 2

Das ist nun eine Schriftprobe mit der Glasfeder. Obwohl sie hoffnungslos übersättigt, so ist der Farbcharakter sehr gut zu erkennen. Das ist wichtig, wenn man den Füllhalter füllt und ausschließen möchte, daß Tintenreste die Farbe verändern. Gerade bei hellen Farben ein Problem. 

Ich wählte bewußt eine Allerweltsfeder im noch gemäßigten Preis- (und Leistungs-) Segment. Die F-Feder aus Edelstahl ist bekannt und gewöhnlich, die Feder tendiert durchaus zu einem schmalen M. Der gute Tintenfluß erlaubt eine gute Farbeinschätzung, eine mögliche Überasättigung wird schnell erkannt. Man kann sich zunächst auch eine breite Feder sparen. Denn wie angedeutet: Eine solche Tinte erfordert mehr Vorbereitungen, zumal, wenn man nur 2 mL Tinte davon hat. 


Man sieht nun den deutlichen Unterschied zu den mit vorgestellten Tinten von Sailor und J. Herbin. Das ist eine Herbsttinte. In Wirklichkeit ist sie eine Nuance gedeckter und bräunlicher. Das ist keine strahlende Sommertinte. Der Name paßt. Der Fuß ist gut, die Sättigung recht kräftig, die Tinten drückt bei festem Aufdrücken mäßig durch (sonst nicht), sie läuft auch etwas breiter als die weniger gesättigten Vergleichstinten. Das Shading fällt mäßig aus. Ich hatte ursprünglich ein gelbes Shading erhofft, aber schon beim Ausstreichen nicht gesehen. Den guten Tintenfluß, besser als bei den Vergleichtstinten, sieht man beim Papierausstrich bereits gut. Und so ist es auch.

Oben ein Beispiel aus meinem treuen "Brunnen"-Kalender. Man vergleiche die Schriften: Platinum Blue-Black eisengallushaltig und eben die Diamine. Ganz oben erahnt man die R+K Königsblau. Man sieht sehr deutlich, was ich meine, die Schrift läuft breiter, hier kommt es auch bei dem recht guten und wenig "auslaufenden" Papier (aber mehr als bei Clairefontaine 90) zu unangenehmen Erscheinungen. Das ist keine Markiertinte für unterschiedliches Papier. Man müßte mit einer feineren Feder hantieren, z. B. Platinum F (die auch weniger Fluß hat), wenn man DIESE Tinte benutzen möchte. 

Nachtrag: Diamine und Sailor Apricot. Die Sailor fiedert im Grunde nicht, die Schrift bleibt klar. Die Schriftbreite ist geringer, aber es ist bei der Apricot auch bei breiteren Federn so. 


Eigenschaften:

  • Farbe: mittleres rötliches (nicht gelbliches) Orange mit bräunlichen Anteilen
  • Sättigung: eher hoch
  • Fluß: gut bis sehr gut
  • Schattierung: gering (kann nach Feder durchaus relevant differieren)
  • Ausfasern: mäßig, teils deutlich
  • Durchbluten: gering
  • Wasserfestigkeit: nein
  • "Nib Creap": nein
  • Hersteller: Diamine, England
  • Gebinde: 80 mL im Glasflacon; 30 mL im Plastik-Behälter
  • Verfügbarkeit: Internet-Handel
  • Preis: gemäßigt, 30 mL als sehr gute und preiswerte Probeoption

Zusammenfassende Beurteilung:

Diamine hat viele Orangetöne im Programm, das sind schon je nach Einschätzung um die 7. Was kann da die Autumn Oak noch bewirken? Man müßte sie probieren, um für sich eine bessere Einschätzung vornehmen zu können. Aber braucht man so viele Orangetöne bei einem Hersteller? Muß das sein? Die Frage darf man stellen, beantworten muß sie jeder selbst. Ich mag orangefarbene Tinten. Die schönste, die ich habe, ist die J. Herbin Orange Indien, die Sailor Apricot mag ich aber auch. Die mir nicht vorliegende Apache Sunset von Nooderl´s spricht mich ebenso an. Die Diamine hat mehr Sättigung und fließt leichter, aber sie ist für Korrekturen, Anmerkungen oder auch betonte Notizen in einem Kalender durch ihr Ausfiedern nicht so geeignet. Im Farbton spricht mich das Bräunliche durchaus an, die Tinte wirkt aber eigenartig stumpf. Da müßte man mit verschiedenen Federn (auch Federbreiten) experimentieren. 


Eine interessante Herbsttinte ist es allemal und ich freue mich, daß Diamine stetig neue Tinten entwickelt, die man sich auch gut leisten kann. Für die Zusendung der Tintenprobe danke ich Herrn Maier von Schreibstoff auf diesem Wege nochmals ganz herzlich. 


Ich hoffe, die Vorstellung (heute etwas ausführlicher) hat euch Lesern gefallen. 


Viele Grüße und noch einen schönen Sonntagabend

Euer Thomas

7.9.2014

Kommentar schreiben

Kommentare: 4
  • #1

    Marcus W. (Samstag, 04 Oktober 2014 19:04)

    Danke, Thomas, für diese Tinte, die mir sehr zusagt. VG

  • #2

    pens-and-freaks (Montag, 06 Oktober 2014 21:56)

    Wenn man mit der Tinte etwas länger schreibt, so wie ich es im Pelikam M200 F tue, so kann man ihr mehr und mehr abgewinnen. Der etwas verwaschene Orange-Braun-Ton hat viel für sich. Auch die Schattierung kommt gut herhaus. Ich wünschte mir etwas mehr Tintenkontrolle, also mehr Randschärfe. Dann wäre das noch besser. So müßte man mit der Tintenstärke variieren, was nur mit feineren Federn gelingen könnte wie z. B. von Platinum (schon die F ist viel schmaler als die Pelikan-Modelle).

  • #3

    Roland Mueller (Mittwoch, 17 Dezember 2014 14:37)

    Hallo Thomas,

    ich habe die Autumn Oak gerade mit der 1,1mm Stub Feder eines Stipula Etruria Tuscany Dreams in Arbeit und bin vom Shading schier überwältigt! Offenbar ist diese Diamine bestens geeignet für Stubs, IB und ähnliche Federn...

  • #4

    pens-and-freaks (Donnerstag, 18 Dezember 2014 22:18)

    Hallo Roland, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich mag diese Tinte von der Farbe her durchaus und mehr denn je. Die Randschärfe ist aber nicht so befriedigend. Ein in meinen Augen sehr wichtiges Kriterium ist die Randschärfe einer Tinte. Natürlich kann man auch sagen, "bigger is better", will sagen: dicker und mächtiger ist von Vorteil. Aber das Laufverhalten sollte aus einer F-Feder nicht einen breiten Strich entstehen lassen. Auch bei breiten Federn könnte das "e" oder "g" zulaufen.

    Manchmal muß man auch den richtigen Halter suchen, um mit einer beliebten Tinte auszukommen. Das könnte hier auch so sein. Ich denke auch, daß eine Feder mit Bandzugcharakteristik und dosierten Fluß (nicht zu schwach und auch nicht zu übermäßig), dann könnte das klappen.

    Viele Grüße
    Thomas