Mein Erfahrungsbericht – Aurora Talentum

 

Einleitung:

Im Frühjahr habe ich zum Geburtstag einen Aurora Talentum schwarz mit verchromten Akzenten und einer rhodinierten 14 K-Goldfeder geschenkt bekommen. Ich hatte ihn mir gewünscht und voilà ich hatte ihn in Händen.

 

Da ich immer einen „Italiener“ haben wollte mit möglichst geringem Risiko und der Talentum in Design und Preis/Leistung mir zusagte, war er auf meine Wunschlist4e geraten. Natürlich kannte ich auch den 88 und den Optima. Natürlich wußte ich von den rigiden Federn, die ich bei großen freistehenden Federn nicht immer schätze, aber es sollte irgend wann einmal ein Aurora Talentum sein.

 

Vorgeschichte:

Der Aurora Talentum kam 1998 in den Handel zunächst in den Ausführungen schwarz, taubenblau und rot mit jeweils verchromten Akzenten. Er hatte die bekannte Aurora-Feder der größeren Modelle, rhodiniert aus 14 K Gold. mit einem acrylartigen Kunstharz-Corpus und mit einem Patronen/Konverter-System. Beid en teureren Serien hatte Aurora erstmalig auf ein Kolbenfüllsystem mit dem charakteristischen Reservetank verzichtet. Dafür hatte man den Corpus recht lang gehalten und einen stattlichen Füller kreiert, der Designelemente aufnahm der Limited Editions wie dem Dante Alighieri. Mit den Jahren wurde die Serie durch modifizierte Ausführungen u. a. mit vergoldeten Akzenten und der klassischen Gelbgoldfeder ergänzt. Auf die Einzelheiten will ich nicht eingehen.

 

Das Design und die Funktionalität:

Die stattliche Größe paßt gut zu der zurückhaltenden und heute bereits gewöhnlichen Akzentuierung in Chromoptik. Damals war das noch sehr ungewohnt in den höherpreisigen Serien. Das Handling ist gut, die Hand verkrampft nicht, gerade ohne Kappe ist der Halter gut ausbalanciert, mit der schweren Kappe ist er fast ein bißchen zu hecklastig. Die Materialanmutung ist tadellos, die Verchromung ausgezeichnet, die Ausarbeitung der Gewinde hochwertig, das Mundstück sitzt fest auf dem Corpus und dreht sich nicht unfreiwillig auf. Der feste Clip ohne Fremdfederung macht einen vertrauenswürdigen Eindruck, die Oberfläche des Edelharzes wirkt gediegen, fühlt sich vielleicht nicht ganz so porzellanartig wie bei einem Meisterstück an, er erinnert ein bißchen an den Acryl-Corpus des Duofold. Kappensitz und Dichtung sind gut.

 

Die Feder und das Schreibverhalten:

Ich hatte befürchtet, daß die italienische Auspackqualität zu sofortigem Ärger führen könnte. So war es auch. die Feder saß nicht exakt auf dem Tintenleiter. Die Tintenleiter/Feder-Einheit läßt sich vergleichbar mit Pelikan herausdrehen, der Service von Signo in Pfalzgrafenweiler war freundlich und schnell, ich hatte die Feder korrekt montiert rasch zurück. Und das Schreibverhalten? Naja, die rigide F-Point-Feder lief recht rauh übers Papier mit der Aurora Tinte blau, die in Patronenform mitgeliefert war (2 Großraumpatronen liegen der sehr schönen Verpackung bei). Der Fluß war dürr und besserte sich nicht. Nach Kontaktaufnahme mit Signo bat man um Zusendung der Feder, um sie nach Italien zu schicken. Als Unterschied zu Pelikan kann man auch im Vorfeld nicht verschiedene Federn zur Probe bekommen – auch nicht bei Herrn Thiel. Und die Federtauschaktion bzw. Nachbearbeitung erfolgt im Herstellungland. Wie schnell das gehen kann, kann ich nicht sagen, da ich die Rücksendung erst nach meinem Urlaub erbat. Das hat vorbildlich geklappt. Jetzt ist die aufbereitete Feder in Ordnung. Man muß allerdings wissen, daß Aurora-Federn in der Tendenz spröde laufen können und nicht vergleichbar sind mit beispielsweise einem Edson. Der Point ist auch nicht so smoooooth wie bei einem guten Sheaffer. Es ist also Gewöhnungssache, ob einem diese Federcharakteristik zusagt. Natürlich sind rhodinierte Federn da noch rigider. Auch die 18 K-Federn der Aurora Limited Editions sind etwas schwingender.

 

Zusammenfassung:

Mit dem Aurora Talentum erhält man einen sehr gut verarbeiteten hochwertigen Füllfederhalter mit italienischem Chic und in stattlicher Größe, der preislich sehr fair liegt. Auch die Feder sieht herrlich aus und ist leistungsfähig, der Tintenleiter arbeitet gleichmäßig ohne Murren. Das „ordinäre“ Füllsystem mag man ihm daher verzeihen, es paßt recht gut zur Gesamtkomposition. Mit Problemen bei der Auspackqualität muß gerechnet werden, Fehler sind aber über den sehr guten und freundlichen deutschen Service leicht abwickelbar. Man sollte aber auf jeden Fall im Vorfeld die Schreibeigenschaften überprüfen, damit man entweder genau das Richtige bekommto de rechtzeitig Abstand nimmt oder auch die nicht-rhodinierten Ausführungen vergleicht. Ich bin unter diesen Prämissen mit dem Talentum jetzt sehr zufrieden. Besonders sein unauffälliges, aber doch stattliches Auftreten in Verbindung mit der sehr guten Handhabung haben mich überzeugt. Auch die Auslaufsicherheit ist hervorragend. Dennoch könnte ich mir vorstellen, daß der Hersteller zumindest alternativ gerade bei den schmaleren Federn „schwingfreudigere“ Federn anbieten könnte.

 

Was habt Ihr Aurora-Freunde für Erfahrungen gemacht?

 

28.11.2004

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Kommentare: 10
  • #1

    Thomas von pens-and-freaks.de (Samstag, 14 Juli 2012 18:56)

    Erfahrungsbericht, so habe ich damals meine ersten Einstellungen in penexchange genannt, in denen ich über einen Teil meiner Füllhalter berichtete. Es sind ja meine Erfahrungen gewesen, die ich mitgeteilt hatte, keine Tests. Das hätte man anders aufziehen müssen. Andernorts sehe ich manchmal berichte, denen die Distanz zu einem Hauptproblem abgeht: die teils enormen Serienschwankungen von Federbearbeitung und auch Justage. Je teurer und oft je schlimmer. Daher sind Punktvergaben sehr schwer zu realisieren. Man braucht immense Erfahrung beim Füllhaltertyp und das noch bei den verschiedenen Strichbreiten. Ganz schwierig.
    Das fällt mir gerade ein, wenn ich den acht Jahre alten Erfahrungsbericht über meinen so geliebten Talentum lese. Die Aurora-Halter sind eben gerade nicht etwas "von der Stange", sondern gerade im Federschliff sehr speziell. Manchmal bedeutet das auch Kampf um die richtige Federbearbeitung/-nachbearbeitung. Ich glaube, das darf man bei diesen prächtigen Aurora-Goldfedermodellen sagen.
    Bei meinem Talentum war es ja auch so, daß er mehrfach nach Turin mußte und auch heute noch durchaus ein bißchen "toothy" schreibt, wie die Amerikaner das gerade bei Aurora nennen.
    Trotz alledem oder gerade deshalb, ich weiß es nicht so genau: Der Aurora Talentum bleibt einer meiner Lieblinge.
    Thomas

  • #2

    Thomas von PAF (Montag, 03 September 2012 12:28)

    Aurora gehört zu den recht seltenen Herstellern - inzwischen -, die ihre Schreibgeräte noch selber machen. Feder und Ebonit-Tintenleiter sind bei den Goldfedermodellen so erfrischend anders im Schreibverhalten und sie haben auch gehörige Schwankungen im Schliff. Wie dem auch sei, die Aurora sind sehr charakterstark und, wenn es paßt, eine exzellente Wahl. Die Preise haben aber auch hier sehr deutlich angezogen.

    Thomas

  • #3

    Michael (ms) (Donnerstag, 29 August 2013 19:44)

    Hallo Thomas,
    auch bei mir gehört der Aurora Talentum nach wie vor zu meinen Lieblingsfüllern. Meiner hat eine B-Feder, die mit De Atramentis Saphirblau ganz vorzüglich schreibt. Es muss aber ganz genau diese Tinte sein; bei Verwendung anderer Tinten (z.B. Visconti blau) gefällt mir das Schriftbild nicht mehr so gut. Das Handling des Halters ist absolut perfekt, die Größe der Griffstücke beim Talentum und auch bei meinem jüngst erworbenen Optima ideal. Beide Auroras sind ein Muster an Zuverlässigkeit.

  • #4

    Thomas PAF (Donnerstag, 29 August 2013 19:52)

    Danke, Michael, für die Rückmeldung. Ich bin schon viele Jahre ein großer Freund der Auroras. Der Talentum gefällt mir in Design und Handling am besten. Aber selbst der kleine Ipsilon ist gut gemacht. Die Materialien und die Gesamtqualität der großen Modelle ist sehr gut und die Füller sehen nach vielen Jahren noch wunderschön aus.

    Leider hat die Reputation gelitten durch etliche Fabrikationsmängel mit Nachlässigkeiten in der Federproduktion und -montage in Verbindung mit dem äußerst großzügigen Umgang mit der Reparaturzeit. Zudem hat sich bei den Modellen in den letzten 10 Jahren doch recht wenig getan. Mitte bis Ende der 90er Everybody´s Darling sind die Auroras in der Wahrnehmung ein bißchen oldfashioned geworden. Das ändert aber nichts an der prinzipiell vorzüglichen möglichen Qualität. Man beachte auch die Inhouse-Fertigung und die Ebonit-Tintenleiter, die selber gefräst werden. Die Federn sind aber meist hart und laufen bisweilen auch recht rauh. Das ist ein sehr sportliches Schreiben, das nicht immer überzeugend ist. Mir gefällt der Talentum mit silberfarbenen Akzenten und der rhodiniderten Feder am besten. Nach dem großen Erfolg von Visconti mit den Bock-Federn und sicherlich der Kreativität von Stipula freut man sich immer darüber, wenn die Klassiker Aurora und mehr noch OMAS sich wieder vorne anstellen. Die Montegrappas haben mir noch nie zugesagt.

    Also: Aurora sieht man hier fast nirgends (im Gegensatz zu Italien), aber diese Halter sind eine Anschaffung fürs Leben.

    Viele Grüße
    Thomas

  • #5

    Thomas PAF (Donnerstag, 29 August 2013 19:53)

    Die Delta, vor allem die Dolcevita, darf man natürlich auch nicht vergessen, sie haben aber auch Bock-Federn.

  • #6

    pens-and-freaks (Samstag, 05 April 2014 18:29)

    Nach dem Aufenthalt bei einem Nibmeister ist die Feder nun so, wie sie sein muß. Rigide, ein wenig steig metallisch und semismoooth. Der Tintenfluß ist hervorragend dank Ebonit und die Aurora blau gehört genau HIER rein. Mein Liebling ist endlich perfekt.

    April 2014

  • #7

    Roland Mueller (Samstag, 13 Dezember 2014 11:42)

    Trotz zahlreicher Edelfüller in meiner kleinen Sammlung immer noch meine große Schreibliebe, in schwarz/chrom, mit Gummierung und M-Feder (die bald gegen eine Stub getauscht wird)...

    Grüße aus dem Taunus
    Roland aka Duesenschrieb

  • #8

    pens-and-freaks (Samstag, 13 Dezember 2014 19:04)

    Vielen Dank, Roland. Ich habe den "normalen" Schwarz/Chrom, wie man ja sehen kann. Ich finde auch, der Talentum ist ein ganz Großer, nicht nur im wörtlichen Sinne. Der differenzierte Hartgummitintenleiter und die an sich sehr gediegene und praxistaugliche Konstruktion sind neben der "Inhouse"-Fertigung wichtige Merkmale Aurora hat sich aber auch viele Sympathien durch lahmar...igen Service, schlechter Auspackqualität (Federmontage und -fertigung) verscherzt. Mitte der 90er und auch noch später ganz arg "in", haben sich inzwischen Marken mit mehr Esprit wie Visconti in den Vordergrund gedrängt. Dennoch ist ein gut funktionierender Aurora (das gilt selbst für den Ipsilon) eine lebenslange Liebe. Bei mir ist es auch so. Aber erst, seit er bei John Sorowka war, schreibt er auch ohne Kratzen.

    VG Thomas

  • #9

    Roland Müller (Montag, 05 Januar 2015 10:09)

    Bei John Sorowka wird mein zweiter Talentum (Rot/Chrom) wohl auch landen ;-)

    Grüße aus dem Taunus
    Roland aka Duesenschrieb

  • #10

    pens-and-freaks (Montag, 05 Januar 2015 21:45)

    Ja, macht er gut.

    VG Thomas

    P. S.: Da sehe ich gerade, daß ich vom F keine Schriftprobe eingestellt habe. Werde ich mit der "obligatorischen" Aurora Blu nachholen. Vielleicht hast Du auch ein Schriftbeispiel. Diese sind, wie ich weiß, bei den Lesern sehr beliebt.